Eine Waldschnepfe mit Auszeichnung

Im November 2024 hatte sich Friedbert Kiszler, Wirbeltierpräparator am Staatlichen Museum für Naturkunde Karlsruhe, dafür entschieden, mit einem selbst angefertigten Präparat im Februar 2025 an der European Taxidermy Championship (ETC) in Salzburg teilzunehmen. Ihm stand dafür eine Waldschnepfe (Scolopax rusticola) zur Verfügung, die erst wenige Tage vorher in Karlsruhe beim Anflug gegen eine Fensterscheibe tödlich verunglückt und am Naturkundemuseum abgegeben worden war.

Waldschnepfen mausern ihr Gefieder nach dem Ende der Brutzeit im Spätsommer, so dass die Vögel im Spätherbst und Winter durch ihr frisches und unverbrauchtes Federkleid gekennzeichnet sind. Passend zum Zustand des Gefieders sollte die Waldschnepfe in einer winterlich wirkenden Umgebung dargestellt werden. Friedbert Kiszler sammelte dafür Anfang Januar 2025 im Rittnertwald bei Durlach geeignetes Pflanzenmaterial wie Totholz mit anhaftenden Flechten, Moosen und Laub sowie etwas Erde ein. Das Pflanzenmaterial wurde teils im Sandbad getrocknet, teils plastiniert, um es dreidimensional zu konservieren. Laub und Erde wurden im Wärmeschrank bei 50-60°C erhitzt und auf diese Weise sterilisiert.

Abweichend von der üblichen statischen Darstellung von Waldschnepfen sollte mit diesem Präparat der Moment eingefangen werden, in dem die Waldschnepfe mit ihrem empfindlichen Schnabel unter der Laubschicht verborgenen Beutetieren nachspürt. Eine Internetrecherche nach Fotos und Videos war hilfreich, um die entsprechende Körperhaltung nach passenden Vorlagen nachzuempfinden.

Schließlich wurden die Maße für das Podest so gewählt, dass es zum einen für Transport und Unterbringung nicht zu viel Platz in Anspruch nimmt, und zum anderen dem Präparat und der Habitatgestaltung ausreichend Platz bietet. Selbst bei dem so klein gewählten Ausschnitt des Lebensraumes sollte der Effekt des tarnfarbenen Gefieders vor dem Hintergrund des Waldbodens gut zur Geltung kommen.

So entstand innerhalb von acht Wochen das Präparat einer Waldschnepfe in ihrem winterlichen Habitat, das auch die Juroren beeindruckte:  Es wurde mit einer roten Schleife für die hohe Qualität der Präparation und mit einer blauen Schleife für die sehr gute, nahezu perfekte Darstellung des Habitats ausgezeichnet.

2025 nahmen 135 Präparatorinnen und Präparatoren aus aller Welt an der ETC teil und stellten sich mit 316 Exponaten dem Wettbewerb. Jedes einzelne Exponat wurde von Jurorenteams nach festgelegten Kriterien begutachtet und nach einem Punktesystem bewertet – aber auch von den Teilnehmenden untereinander fachkundig und leidenschaftlich diskutiert. Neben dem Wettbewerb finden während der ETC zahlreiche Seminare statt, die wesentlich zum Erfahrungsaustausch in der Präparationsszene beitragen.

Friedbert Kiszler kann sich daher nicht nur über eine rote und eine blaue Schleife freuen, sondern auch mit vielen neuen Ideen die nächsten Projekte am Naturkundemuseum Karlsruhe umsetzen.

Weitere Informationen

https://www.eurotaxidermy.eu/report-and-downloads-2025/