Was ist denn das…?
Die Karlsruher Taxonomie-Initiative

Bei uns im Naturkundemuseum werden gelegentlich außergewöhnliche Knochen, Insekten, Pflanzen, Pilze oder auch Gesteine zur näheren Bestimmung abgegeben. Die Finderin oder der Finder möchte dann wissen, von welchem Tier der gefundene Knochen stammt oder was für ein Pilz oder Gestein das ist. Solche Anfragen beantworten unsere wissenschaftlichen Fachleute der Bio- und Geowissenschaften, also Botanik (Pflanzen), Mykologie (Pilze), Zoologie (Tiere), Entomologie (Insekten), Geologie (Gesteine), Mineralogie (Mineralien) und Paläontologie (Fossilien). Einige solcher Funde zeigen wir aktuell in dieser Vitrine.

Und wie sieht es mit ihrer Artenkenntnis aus? Erkennen Sie die ausgestellten Objekte?


EIN FOSSILER BACKENZAHN?
Fundort: Wanderweg bei Topid, Kroatien
Dieser Fund von einer Wanderung in Kroatien wurde bei uns mit der Frage abgegeben, ob es sich hier vielleicht um einen fossilen Backenzahn handelt. Zugegeben, ein wenig erinnert dieses Gestein an einen Mammutzahn. Aber es handelt sich um ein Gestein ohne fossilen Ursprung, das aus Gips und Kalk besteht.


EIN MONSTERFISCH?
Fundort: Strand von Kreta, Griechenland
Dieser Knochen wurde am Strand gefunden, ist aber ziemlich massiv für einen Fisch. Es gibt aber nicht nur Fische im Meer, sondern auch Säugetiere! Der Knochen stammt von einem Delfin. Es handelt sich hierbei um Halswirbel. Typisch für Delfine ist, dass die Halswirbel miteinander verschmolzen sind, wodurch der Hals unbeweglich wird.
Gut zu sehen ist das an diesem Skelett eines Schweinswals aus unserer Sammlung.
 

EIN WERWOLF?
Fundort: Wald im Kraichgau, Deutschland'
Einem Werwolf gehörte dieser Unterkiefer nicht, auch nicht einem Wolf oder anderen Raubtier. Das ist an den verbliebenen Zähnen zu erkennen. Bei diesem Knochen handelt es sich um den Unterkiefer eines Wildschweins. Schauen Sie sich zum Vergleich den kompletten Schädel eines Wildschweins an.
 

EIN ALIEN-SCHÄDEL?
Fundort: Strand von Kulini, Griechenland
Kreisrunde Augenhöhlen, vorn ein Entenschnabel und total löchrig – das muss ein Außerirdischer sein!? Dreht man den Knochen um, wird klar, dass es kein Schädel sein kann. Es ist tatsächlich ein Teil des Beckenknochens eines Entenvogels. In den vermeintlichen „Augenhöhlen“ steckten im lebendigen Zustand die Oberschenkel und der „Schnabel“ saß dem unteren Rücken an.

Der Vergleich mit dem Skelett einer Hausente bringt hier Licht ins Dunkel. 
 

WER MACHT DIESE FRASSSPUREN?
Fundort: Hecke in Rastatt, Deutschland
Sehr außergewöhnlich erschienen diese kreisrunden Fraßspuren einer Finderin aus Rastatt. Blattschneiderbienen waren hier am Werk!
Blattschneiderbienen schneiden mit ihren Mundwerkzeugen rundliche Blattstücke aus verschiedenen Pflanzen aus, um damit ihre Brutzellen auszukleiden. So wird das Austrocknen des Futtervorrats für die Larven verhindert. Immerhin 23 einheimische Arten gibt es bei uns!


Wenn Sie alle Objekte sicher bestimmen konnten, dann gehören Sie selbst einer aussterbenden Spezies an! Denn nicht nur Tier- und Pflanzenarten sterben rasant aus, sondern auch die Fachleute, die sich mit ihnen auskennen, die sogenannten Taxonomen und Taxonominnen.

Taxonomie ist ein Teilgebiet der Biologie. Der Begriff leitet sich aus dem griechischen Wörtern τάξις táxis “Ordnung” und νόμος nómos “Gesetz” ab. Taxonomie ist die Lehre von der Ordnung oder Klassifizierung der Lebewesen. Mit ihrer Hilfe werden Lebewesen in ein System eingeordnet, zum Beispiel in Klassen, Ordnungen, Familien, Gattungen und Arten. Das ist ein ursprünglicher und klassischer Ansatz der Biologie. Vielleicht ist die Taxonomie deshalb eine aussterbende Disziplin und wurde in den letzten Jahrzehnten an den Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen mehr und mehr von den „Labor“-Disziplinen wie Genetik verdrängt.

Durch das Artensterben sind Fachleute für Artenkenntnis wieder gefragter denn je! Deshalb haben wir seit November 2022 die Karlsruher Taxonomie-Initiative gestartet. Durch sie werden die wissenschaftlichen Fachleute für Artenkenntnis verschiedener Institutionen miteinander vernetzt. So können Kenntnisse ausgetauscht und gemeinsame Projekte durchgeführt werden. Damit die dringend benötigten Fachleute verschiedener systematischer Gruppen nicht aussterben, können so Fachleute effizienter ausgebildet werden. Und um das Wissen der heimischen Arten in der Bevölkerung zu reaktivieren, sollen Bildungsangebote für Kinder und Erwachsene erarbeitet werden.

Denn nur was wir kennen, können wir schützen!

Die Vitrine finden Sie in der Nähe des Museumsshops.