Vorschau zur Großen Landesausstellung
"Neobiota
– Natur im Wandel" (17.11.2021 bis 11.9.2022)


Waschbär, Riesenbärenklau und Co.

Der Mensch ist Wegbereiter für die Ausbreitung vieler Arten. Mit Hilfe von Autos, Flugzeugen, Schiffen oder einfach unter unseren Fußsohlen überwinden Arten uralte geographische Barrieren wie Gebirge und Ozeane. Viele Pflanzen-, Tier- und Pilzarten werden auch absichtlich vom Menschen aus anderen Gebieten mitgebracht, um sie wirtschaftlich zu nutzen oder aus Gründen der Freizeitgestaltung, so auch der ursprünglich aus dem Kaukasus stammende Riesenbärenklau. Geschätzt wegen seines dekorativen Blütenstandes und als vermeintliche Bienenweide wurde diese Pflanze in vielen Gärten angepflanzt. Auf Grund ihres hohen Ausbreitungspotentials – eine Pflanze kann bis zu 20.000 Samen produzieren – blieb sie bald nicht mehr auf Gärten beschränkt und verbreitete sich rasch in ganz Deutschland. Heute findet man den Riesenbärenklau auf Wiesen, an Wegrändern und Flussufern. Die bis zu drei Meter hohe Pflanze beschattet die umliegende Vegetation, so dass anderen Arten das Licht zum Wachsen fehlt. Darüber hinaus bildet der Riesenbärenklau Mischformen mit nahe verwandten Arten wie dem Wiesenbärenklau. Wegen der nachhaltigen negativen Einflüsse auf die besiedelten Ökosysteme wird der Riesenbärenklau auch als sogenannte invasive Art bezeichnet. Darüber hinaus verursacht der Pflanzensaft im Zusammenspiel mit Sonnenlicht starke Verbrennungen auf der menschlichen Haut. Daher sollte der Riesenbärenklau nur in Schutzkleidung gerodet werden.

Eine weitere, absichtlich vom Menschen eingeführte Art ist der ursprünglich in Nordamerika beheimatete Waschbär. 1934 wurden zwei Waschbärpärchen zu Jagdzwecken am hessischen Edersee ausgesetzt. 1945 entkamen weitere Tiere in Brandenburg aus einer Pelztierfarm. Die Tiere vermehrten sich stark, so dass bereits im Jahr 1970 geschätzt etwa 20.000 Waschbären in Deutschland lebten! In der Saison 2018/2019 wurden laut Deutschem Jagdverband allein in Baden-Württemberg 2532 Waschbären erlegt.

Da sich der Waschbär unter anderem von kleinen Wirbeltieren und Vogeleiern ernährt, ist sein Einfluss auf andere Tierarten und damit auf das Ökosystem Gegenstand intensiver Forschung. Der Waschbär wird ebenso wie der Riesenbärenklau als invasive Art geführt. Als erfolgreicher Kulturfolger ist der Waschbär inzwischen auch in Städten angekommen. Als Baumhöhlenbewohner findet er auf den Dachböden von Häusern ideale Lebensbedingungen. Abfälle versorgen den Waschbären ausreichend mit Nahrung. Nächtlicher Lärm und Schäden an der baulichen Substanz der Häuser machen den Waschbären zu einem unbeliebten Untermieter.

Aber auch unbeabsichtigt gelangten Arten zu uns. So das ursprünglich in Afrika beheimatete Heimchen oder der aus Australien und Neuseeland stammende Tintenfischpilz

Das Heimchen ist ein sogenanntes Archäozoon, das heißt eine Tierart, die vor der Wiederentdeckung Amerikas durch Columbus im Jahr 1492 nach Mitteleuropa kam. Als Kulturfolger lebt es gerne in Kellern, Gewächshäusern oder im Kompost. Der Tintenfischpilz kam höchstwahrscheinlich mit Wolllieferungen als blinder Passagier nach Europa. 1934 wurde der Pilz in der Nähe von Karlsruhe zum ersten Mal in Deutschland nachgewiesen. Durch seine Sporen kann sich der Pilz effizient verbreiten. Als Zersetzer ist er vorwiegend in der Laubstreu von Wäldern zu finden.
Diese beiden Arten werden nicht als invasiv geführt. Das bedeutet, es sind bislang keine negativen Auswirkungen auf das Ökosystem bekannt.


Quellen (Internetquellen aufgerufen am 10.8.2020):

  1. de.wikipedia.org/wiki/Heimchen
  2. de.wikipedia.org/wiki/Waschbär
  3. de.wikipedia.org/wiki/Riesen-Bärenklau
  4. www.jagdverband.de/zahlen-fakten/tiersteckbriefe/waschbaer-procyon-lotor
  5. www.jagdverband.de/zahlen-fakten/jagd-und-wildunfallstatistik/jagdstatistik-fuer-einzelne-wildarten
  6. www.jagdverband.de/sites/default/files/2020-02/2020-02_Infografik_Jahresstrecke_Waschbaer_2018_2019.jpg
  7. de.wikipedia.org/wiki/Tintenfischpilz
  8. www.biologie-seite.de/Biologie/Tintenfischpilz
  9. www.welt.de/wissenschaft/umwelt/article132618273/Klimaerwaermung-laesst-fremde-Tentakelpilze-spriessen.html
  10. Geiter, O; Homma, S und Kinzelbach, R (2002): Bestandsaufnahme und

Bewertung von Neozoen in Deutschland. Forschungsbericht 296 89 901/01 im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit.

  1. Nehring, S; Kowarik, I; Rabitsch, W und Essl, F (Herg.) (2013): Naturschutzfachliche Invasivitätsbewertungen für in Deutschlandwild lebende gebietsfremde Gefäßpflanzen. Bericht im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz
  2. Nehring, S; Kowarik, I; Rabitsch, W und Essl, F (Herg.) (2015): Naturschutzfachliche Invasivitätsbewertungen für in Deutschland wildlebende gebietsfremde Wirbeltiere. Bericht im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz
  3. Ludwig, M (2010): Invasion - Wie fremde Tiere und Pflanzen unsere Heimat erobern. Ulmer Eugen Verlag Stuttgart S.19-23.