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Vegetationsentwicklung am Linkerskopf
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Die Entwicklung der Vegetation am Linkerskopf
(
Allgäuer Hochalpen) unter Berücksichtigung
der Schafbeweidung – Ausgangslage und
Zustand der Dauerbeobachtungsflächen in den
ersten Jahren nach Aufgabe der Beweidung
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Kurzfassung
Am Linkerskopf in den Allgäuer Hochalpen sind wie in
zahlreichen anderen Gebieten der deutschen Alpen
die Grat- und Gipfelbereiche durch Jahrzehnte lange
Schafbeweidung stark eutrophiert und massiv geschä-
digt. Darauf wurde auch im Rahmen der Alpenbiotop-
kartierung hingewiesen. Der Linkerskopf zählt zu den
floristisch artenreichsten Gebieten Bayerns. Im Rah-
men eines naturschutz­fachlichen Projekts wurde des-
halb die Beweidung oberhalb der Enzianhütte ab 2004
teilweise, seit 2005 vollständig eingestellt. Als Ersatz für
die Gipfellagen wurde eine Fläche um die Linkersalpe
mit Weidezaun abgegrenzt, in der die Schafe seit 2004
eingepfercht wurden. Als Pflegemaßnahme wurden in
2004
und 2005 stark verlägerte, von Rasenschmiele
(
Deschampsia cespitosa) dominierte Bereiche um die
Linkersalpe jeweils einmalig gemäht. 16 vegetations-
kundliche Dauerbeobachtungsflächen sollen den Ein-
fluss der Nutzungsänderungen dokumentieren.
In durch die Beweidung stark degradierten Flächen der
Linkersalpe ließen sich zwei Jahre nach der Nutzungs-
umstellung auf Mahd erste Tendenzen zur Aushage-
rung und Auflichtung der stark verfilzten Deschampsia
-
Bestände erkennen. In den durch Schafskot stark
eutrophierten Gipfellagen des Linkerskopfes zeigte
sich in der Vegetationsperiode 2005 ein erster Vernar-
bungsprozess. Zwar dominierten als Hauptbestands-
bildner weiterhin die Stickstoffzeiger Alchemilla subc-
renata und Poa alpina, jedoch konnten bereits einzelne
wertgebende Arten, wie Ligusticum mutellinoides und
Erigeron uniflorus in die Flächen einwandern. An den
Extremstandorten der Windkanten und Gratlagen war
der Schafskot bereits durch Winderosion und Schnee-
verfrachtung größtenteils abgetragen, so dass ver­
mutlich auch der Stickstoffgehalt im Boden zurückge-
gangen ist oder zumindest nicht weiter erhöht wurde.
Am benachbarten Einödsberg wurden ebenfalls vege-
tationskundliche Untersuchungen nach Nutzungsum-
stellung von intensiver Schafbeweidung auf extensive
Rinderälpung durchgeführt. Auch dort zeigten sich
erste Regenerationsprozesse der Vegetation. Damit
liegen für die Allgäuer Hochalpen erste Erkenntnisse
zu ökologisch verträglicheren Nutzungsformen des
bedeutendsten alpinen Diversitätszentrums der Baye-
rischen Alpen vor. Regelmäßige vegetationskundliche
Aufnahmen der Dauerbeobachtungsflächen (ein Mo-
nitoring) erscheinen aus naturschutzfachlicher Sicht
unverzichtbar, zumal bisher keinerlei vergleichbare Er-
kenntnisse aus dem alpinen Bereich der Bayerischen
Alpen zur Verfügung stehen.
Abstract
Vegetation development after the abandonment
of sheep grazing on a Bavarian alpine meadow
The region Allgäuer Hochalpen, to which the mountain
Linkerskopf (2459 m a.s.l.) belongs, is considered a
bio­diversity hotspot within the German alps, due to the
specific edaphic and climatic conditions, the resulting
botanical diversity and the fact, that like in many other
German alpine regions the species rich grassland of the
steep slopes and especially on the ridge are strongly
degraded by year-long intense sheep grazing. In 2004
grazing at Linkerskopf was reduced and in 2005 finally
restricted to a fenced area near Linkersalpe (1750 m
a.s.l.). Strongly altered sites at the ridge were instead
mown once in both years. To monitor changes and as-
sess the development of the plant community structure
and richness 16 permanent plots were installed and
surveyed in 2004 and 2005. Mowing of the eutrophic,
species-impoverished meadows led to a decrease of
the dominating grass Deschampsia cespitosa already
in the first two years since abandonment of grazing. In
the highest areas at the ridge sheep dung had disap-
peared by wind erosion and snow dislocation and new
occurrences of valuable alpine species were observed.
These preliminary results call for a monitoring of the
vegetation structure in the permanent plots, because
data on changes after abandonment of grazing are
sparse from the alpine region of the Bavarian alps.
Autoren
Dipl.-Biol. R
üdiger
U
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,
Puchheimer Weg 11,
D-82223 Eichenau;
Dipl.-Biol. A
strid
H
anak
,
Seestr. 18, D-86899 Lands-
berg, beide Arbeitsgemeinschaft Vegetation der Alpen
(
AVEGA), buero@avega-alpen.de.