H
        
        
          öfer
        
        
          &
        
        
          V
        
        
          erhaagh
        
        
          :
        
        
          Vorwort
        
        
          5
        
        
          Biodiversität in der Kulturlandschaft –
        
        
          Beiträge des Karlsruher Naturkundemuseums
        
        
          zum Internationalen Jahr der biologischen Vielfalt 2010
        
        
          H
        
        
          ubert
        
        
          H
        
        
          öfer
        
        
          &
        
        
          M
        
        
          anfred
        
        
          V
        
        
          erhaagh
        
        
          2010
        
        
          ist das Internationale Jahr der biologischen
        
        
          Vielfalt.  Ausgerufen von den Vereinten Nationen,
        
        
          wurde es in Deutschland von Kanzlerin A
        
        
          ngela
        
        
          M
        
        
          erkel
        
        
          im Berliner Naturkundemuseum mit den
        
        
          Worten eröffnet:
        
        
          
            „
          
        
        
          
            Die Frage der Erhaltung der biologischen
          
        
        
          
            Vielfalt hat dieselbe Dimension und Bedeu-
          
        
        
          
            tung wie die Frage des Klimaschutzes“.
          
        
        
          Wenn ein Thema auf dieser politischen Ebene
        
        
          Gehör findet, spielen i. d. R. wirtschaftliche As-
        
        
          pekte eine Rolle. Dies mag auf den ersten Blick
        
        
          beim Thema Biologische Vielfalt kaum der Fall
        
        
          sein. Die meisten Menschen denken dabei eher
        
        
          an idealistische Naturschützer oder die blumen-
        
        
          und käferreiche Spielwiese welt- oder zumindest
        
        
          wirtschaftsfremder Biologen. Trotzdem sollte Bio-
        
        
          diversität in diesem Jahr möglichst vielen Bür-
        
        
          gern ein häufig gehörter, gelesener und gelebter,
        
        
          das heißt selbstverständlicher Begriff geworden
        
        
          sein. Auf internationaler Ebene wird bereits seit
        
        
          1992
        
        
          mit dem in Rio de Janeiro verabschiede-
        
        
          ten Übereinkommen über die Biologische Viel-
        
        
          falt (Convention on Biological Diversity CBD)
        
        
          versucht, den Verlust natürlicher Lebensräume
        
        
          sowie das Artensterben zu stoppen, den Nut-
        
        
          zen aus den natürlichen Ressourcen gerechter
        
        
          zu verteilen und ihre nachhaltige Nutzung allen
        
        
          Menschen zu ermöglichen. In der Präambel der
        
        
          CBD wird der Biodiversität und ihren Bestand-
        
        
          teilen neben ökologischen, kulturellen und spiri-
        
        
          tuellen Werten auch explizit ökonomischer Wert
        
        
          zugesprochen. In einem ersten Ansatz wurde der
        
        
          Wert des „natürlichen Kapitals“ sowie der „öko-
        
        
          logischen Dienstleistungen“ von renommierten
        
        
          Wissenschaftlern auf weltweit über 33 Billionen
        
        
          US Dollar pro Jahr geschätzt (C
        
        
          ostanza
        
        
          et al.
        
        
          1997).
        
        
          Und damit ist das natürliche Kapital, ganz
        
        
          im Gegensatz zum monetären, wie die jüngste
        
        
          Weltfinanzmarktkrise deutlich gezeigt hat, si-
        
        
          cherlich nicht überbewertet.
        
        
          Die mittlerweile 193 Vertragsstaaten bzw. -par-
        
        
          teien der CBD hatten nicht zuletzt wegen dieser
        
        
          ökonomischen Bedeutung 2002 beschlossen,
        
        
          den Verlust der biologischen Vielfalt bis 2010
        
        
          signifikant zu reduzieren. Dieses und das noch
        
        
          ambitioniertere Ziel der Europäischen Union
        
        
          (
        
        
          EU), den Verlust bis zu diesem Jahr zu stoppen,
        
        
          wurden jedoch leider ebenso wenig erreicht wie
        
        
          die von der Klimakonvention geforderte deutliche
        
        
          Reduktion der Treibhausgase. Dies macht der
        
        
          kürzlich veröffentlichte dritte Globale Ausblick
        
        
          (
        
        
          Global Biodiversity Outlook 3) sehr deutlich.
        
        
          Aus diesen Gründen wurde 2010 zum Jahr der
        
        
          Biodiversität erklärt, und deshalb haben sich im
        
        
          September die Staats- und Regierungschefs der
        
        
          größten Industrienationen während der 65. UN-
        
        
          Generalversammlung in NewYork erstmals einen
        
        
          ganzen Tag mit diesem Thema beschäftigt. Die
        
        
          Bedeutung, die mittlerweile dem Schutz der Bio-
        
        
          diversität beigemessen wird, ist auch in der Ein-
        
        
          berufung eines internationalen wissenschaftspo-
        
        
          litischen Expertengremiums für Biodiversität und
        
        
          ökologische Dienstleistungen (Intergovernmental
        
        
          Science-Policy Platform on Biodiversity and Eco-
        
        
          system Services – IPBES:
        
        
        
           er-
        
        
          sichtlich, das analog zum Internationalen Exper-
        
        
          tengremium für Klimawandel (Intergovernmental
        
        
          Panel on Climate Change – IPCC) agieren und
        
        
          Politiker in der Entscheidungsfindung beraten
        
        
          soll. Und gerade (im Oktober) hat die 10. Konfe-
        
        
          renz der Mitgliedsstaaten der CBD (COP 10) in
        
        
          Nagoya, Japan stattgefunden. Dort wurden unter
        
        
          anderem die Ergebnisse der von 500 Autoren er-
        
        
          arbeiteten Studie zur Ökonomie der Ökosysteme
        
        
          und Biodiversität (The Economics of Ecosystems
        
        
          and Biodiversity – TEEB) vorgestellt. Diese Stu-
        
        
          die hat konkrete Werte für Ökosysteme ermit-
        
        
          telt und fordert die Einbeziehung dieser volks-
        
        
          wirtschaftlichen Rechnungen in die staatlichen
        
        
          Planungen. Beispielsweise beläuft sich die Be-
        
        
          stäubungsleistung der Insekten jedes Jahr auf
        
        
          153
        
        
          Milliarden Dollar und die Korallenriffe liefern
        
        
          den Menschen jährlich 172 Milliarden Dollar an
        
        
          Einkommen, Nahrung und weiteren Gewinnen.
        
        
          Wenn wir weiterhin nichts unternehmen, um den
        
        
          Verlust der Biodiversität zu vermindern, drohen
        
        
          der Gesellschaft Verluste von Billionen von Dol-
        
        
          lar. Und ganz besonders würde es arme und Ent-