carolinea, 68
(2010): 107-127, 4
Abb., 2 Farbtaf.; Karlsruhe, 30.12.2010
107
G
eorg
P
hilippi
1936 – 2010
G
eorg
P
hilippi
Bryologe und Pflanzensoziologe
Mit dem Namen G
eorg
P
hilippi
verbindet sich ein
weites Feld botanischer Arbeit. Ihn als Bryologen
oder als Pflanzensoziologen, als Ökologen oder
gar als Floristen zu bezeichnen, würde nur einen
Teil seiner wissenschaftlichen Tätigkeit umreißen.
Er war all dies in einer Person, und dies ist aus
heutiger Sicht eine sehr selten gewordene Brei-
te – deshalb dürfen wir ihn als eine Ausnahme­
erscheinung in der Feldbotanik unseres Landes
sehen. Mit Bewunderung nehmen wir wahr, mit
welcher Gründlichkeit er in all diesen Bereichen
arbeitete – abzulesen an der Qualität seiner Pu-
blikationen, die große Erfahrung widerspiegeln.
Sein Arbeitsfeld war das Gelände. Seine dort
gemachten Beobachtungen und gewonnenen
Kenntnisse der Arten und ihrer Habitate waren
Ausgangspunkt seiner Themen und Projekte. Er
war ein perfekter Kenner der Standortökologie der
Blütenpflanzen, Farne und Moose Mitteleuropas,
insbesondere von Südwestdeutschland und den
angrenzenden Regionen. Er trug erheblich zum
botanischen Wissen dieser Gebiete bei, nicht
zuletzt durch die beiden Grundlagenwerke zum
Artenschutz Baden-Württembergs „Die Moose
Baden-Württembergs“ und „Die Farn- und Blüten-
pflanzen Baden-Württembergs“. Seine Betrach-
tungsweise der Vegetation war ganz im Sinne
der Oberdorfer-Schule. O
berdorfer
s „Pflanzen-
soziologischeExkursionsflora“ (O
berdorfer
1949)
lag schon zu Schülerzeiten bereit und prägte den
jungen Mann. Pflanzensoziologie und Bryologie
waren die Hauptthemen seiner Arbeiten von An-
fang an und begleiteten ihn sein Leben lang. Mit
seinem Tod verliert die Botanik des Landes einen
wahrhaftigen Meister seines Fachs.
G
eorg
P
hilippi
wurde am 12. August 1936 in
Freiburg/Brsg. als erstes von fünf Kindern der
Eheleute W
alter
und S
ophie
geboren. Von 1946
an war er Schüler des Kepler-Gymnasiums (nur
gute fünf Minuten Fußweg von der Wohnung in
der Habsburgerstr. 44 entfernt), wo er 1955 das
Abitur machte. Im gleichen Jahr begann er an
der Universität Freiburg sein Studium der Bio-
logie, Chemie und Mathematik, das er, nach
einem mehrsemestrigen Aufenthalt in Göttin-
gen (WS 57/58 bis WS 58/59), im WS 1961/62
in Freiburg abschloss. Im Herbst 1961 legte er
die wissenschaftliche Prüfung für das Lehramt
an Gymnasien ab, am 26. Juli 1962 promovierte
er zum Dr. rer. nat. mit einer Arbeit über Moose
der sauren Erdraine und des morschen Holzes.
Vom Herbst 1962 bis Ende März 1964 (2. Staats-
examen am 31. 3. 64) arbeitete er als Studien-
referendar in Lahr. Am 1. April 1964 erfolgte die
Anstellung an den Landessammlungen für Na-
turkunde (heute Staatliches Museum für Natur-
kunde) Karlsruhe als Wissenschaftlicher Ange-
stellter in der Botanischen Abteilung. 1970 wurde
er zum Konservator und zum Beamten auf Le-
benszeit ernannt, 1971 zum Ober- und 1976 zum
Hauptkonservator und Abteilungsleiter der Bota-
nischen Abteilung als Nachfolger von G
erhard
L
ang
befördert, der einem Ruf auf den Lehrstuhl
für Botanik an die Universität Bern gefolgt war.
Im selben Jahr wurde er Lehrbeauftragter an der
Universität Karlsruhe, habilitierte im Fach Geo-
botanik am 21. 5. 1980 und wurde am 25. 5. 1988
zum apl. Professor ernannt. Ende August 2001
ging G
eorg
P
hilippi
in den Ruhestand, arbeitete
jedoch weiterhin regelmäßig am Naturkundemu-
seum als Ehrenamtlicher Mitarbeiter.
Am 3. November 1962 heirateten G
eorg
P
hilippi
und S
usanne
M
ahn
,
die G
eorg
in Freiburg ken-
nen gelernt hatte. 1964 wurde S
usanne
P
hilippi
in Rastatt Lehrerin am Gymnasium, Anlass nach
Rastatt zu ziehen. Im August 1965 kam die Toch-
ter U
rsula
,
im Dezember 1967 die Tochter B
ar
-
bara
zur Welt. 1968 wurde der Wohnsitz nach
Karlsruhe verlegt. Am 6. Juli 2010 starb G
eorg
P
hilippi
, 15
Jahre nach seiner früh verstorbenen
Frau.
Die frühen Jahre
Bereits in jungen Jahren war G
eorg
P
hilippi
mit
der Natur in Berührung gekommen. Sein Vater
W
alter
P
hilippi
,
Stadtamtmann, interessierte sich
für Pflanzen und fotografierte Blumen, vor allem
Orchideen. Auf die Wanderungen nahm er G
eorg
und G
ünter
mit, dem er vorausschauend als halb-