Carolinea 75
B amann : Tagfalter und Widderchen auf Streuwiesen im Allgäu 105 minimiert werden. Hierfür am besten geeignet sind möglichst breite Extensivierungsstreifen im angrenzenden Grünland, die allerdings aufgrund der vergleichsweise geringen Fördersummen für die Landwirte unattraktiv und nicht rentabel sind, weshalb ihre Flächenausdehnung aktuell leider rückläufig ist (LEV Ravensburg 2016). Ein erhöhter Nährstoffaustrag ist außerdem mithilfe früherer Mahdtermine möglich. Vor allem den häufig eutrophen und verschilften Randberei- chen könnten durch eine Mahd Ende Mai/Anfang Juni Nährstoffe effektiv entzogen werden, da sie zu diesem Zeitpunkt sehr energiereich sind (vgl. B räu & N unner 2003). Ein weiterer Vorteil dieses frühen Mahdzeitpunkts ist, dass die Pflanzen- arten der Streuwiesen dadurch die Möglichkeit erhalten, im Spätsommer zur Blüte zu kommen, was bei einer auf den Juli vorgezogenen Mahd unterbleibt. Desweiteren ist in den Refugien der oben genannten, aus Landessicht höchstpriori- tären Zielarten unbedingt auf eine regelmäßige Grabenpflege zu achten. Die Landwirte sind in heutiger Zeit nicht mehr auf eine Ertragsmaxi- mierung der Streuwiesen angewiesen, sondern profitieren fast ausschließlich von Fördermitteln, die sie über die Landschaftspflegerichtlinie (LPR) für die Durchführung der Streumahd beziehen. Aus diesen Gründen wird das (zeitaufwändige) Räumen der Gräben häufig vernachlässigt. Zu- dem wird eine weitere Vernässung von Nieder- moorstandorten auch häufig aus Natur- und Um- weltschutzkreisen gefordert bzw. die Räumung von Gräben sogar häufig als Eingriff angezeigt, was die Motivation der Landwirte zur Durchfüh- rung dieser Arbeiten erheblich einschränkt. Eine regelmäßige Grabenräumung fördert aber nicht nur die Arten der angrenzenden Streuwiesen, sondern auch die der Gräben selbst. Teils stark gefährdete Libellenarten, wie Helm-Azurjung- fer ( Coenagrion mercuriale ), Kleiner Blaupfeil ( Orthetrum coerulescens ) oder Zweigestreifte Quelljungfer ( Cordulegaster boltonii ), profitieren eindeutig von diesen Maßnahmen (RP Freiburg 2015). Auch sollten Flächenverluste, die sich durch Änderungen des Grundwasserspiegels ergeben (z.B. Aufstau von Weihern, Biberstaue), auch in Naturschutzgebieten nicht in allen Fäl- len hingenommen werden. Vielmehr sollte ver- sucht werden, durch Einstellung eines geeigne- ten Wasserregimes eine regelmäßige Mahd der Flächen sicherzustellen. Wichtig ist hierbei unter Aspekten des Falterschutzes, dass die Flächen nicht „gerade so“ mähbar gehalten oder nur zur Mahd im Spätsommer abgestaut werden, son- dern dass wechselfeuchte bis wechseltrockene Standorte entstehen, die die Entwicklung einer spezifischen, heute höchstgradig bedrohten Vegetation und Zoozönose ermöglichen. Über große Zeiträume des Jahres überstaute Flächen verhindern dagegen die Entwicklung der meisten Zielarten. Danksagung Mein Dank gebührt G abriel H ermann (Hildrizhausen) für die Überarbeitung des Manuskripts und zahlreiche wertvolle Hinweise. Literatur A nthes , N.; F artmann , T. & H ermann , G. (2003): Wie lässt sich der Rückgang des Goldenen Scheckenfal- ters ( Euphydryas aurinia ) in Mitteleuropa stoppen? Erkenntnisse aus populationsökologischen Studien in voralpinen Niedermoorgebieten und der Arealent- wicklung in Deutschland. – Naturschutz und Land- schaftsplanung 35 : 279-287. A nthes , N. & N unner , A. (2006): Populationsökologische Grundlagen für das Management des Goldenen Scheckenfalters, Euphydryas aurinia , in Mitteleuro- pa. – In: F artmann , T. & H ermann , G. (Hrsg.) (2006): Larvalökologie von Tagfaltern und Widderchen in Mitteleuropa. – Abhandlungen aus dem Westfä- lischen Museum für Naturkunde 68 (3/4): 323-352. B amann , T. & D ittrich , B. (2017): Management des Gol- denen Scheckenfalters – Eine Untersuchung in den Niedermoorgebieten des württembergischen All gäus. – Naturschutz und Landschaftsplanung 49 (9): 283-290. B auer , S . (2010): Naturschutz im Landkreis Ravens- burg – Band 5: Zielartenerfassung. – Hrsg. Land- ratsamt Ravensburg, 369 S. B räu , M. (2013): Großer Perlmutfalter – Argynnis agla ja . – In: B räu , M.; B olz , R., K olbeck , H., N unner , A., V oith , J. & W olf , W.: Tagfalter in Bayern. – S. 328- 330; Stuttgart (Ulmer). B räu , M. & D olek , M. (2013): Enzian-Ameisenbläuling – Phengaris alcon . – In: B räu , M., B olz , R., K olbeck , H., N unner , A., V oith , J. & W olf , W. : Tagfalter in Ba- yern. – S. 266-272; Stuttgart (Ulmer). B räu , M., G ros , P., N unner , A., S tettmer , C. & S ette - le , J. 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