Carolinea 75

S chütz : Verbreitung benthischer Rotalgen in Baden-Württemberg 61 dichte Besiedlung der von L auterborn noch mit keinem Wort erwähnten Dreissena polymorpha bis in Tiefen von 40 Meter die Besiedlung durch Aufwuchsalgen fast völlig unterbunden. In der Literatur gehen die Aussagen über die Ökologie von H. rivularis etwas auseinander. Wie in Baden-Württemberg besiedelt H. rivularis in Sachsen die Fließgewässer der unteren Mittel- gebirgslagen bis hin zum Flachland ( P aul & D oe ­ ge 2010), in Kärnten vor allem sommerwarme Gewässer in niedrigeren Lagen. Dies steht im Widerspruch zu den Beobachtungen von B ud - de (1928), nach denen im Sauerland H. rivularis eine charakteristische Art der obersten Fließge- wässerabschnitte (Epirhithral) ist und im Hypo- rhithral von einer Lemanea -Zone abgelöst wird. Einigen Autoren zufolge ( P ascher & S chiller 1925, G eitler 1932, E loranta & K wandrans 2004) soll H. rivularis wärmeres Wasser und Urgestein als Untergrund bevorzugen, nach anderen Quel- len ( Z elazna -W ieczorek & Z iukiewicz 2008) ist sie typisch für kalkreiche Fließgewässer. In Ober­ österreich bevorzugt sie die kalkreichen, klaren, beschatteten Quellgewässer, wurde dort aber auch in kalkarmen Bächen angetroffen ( H ohla & L enzenweger 2012). Ähnlich ist die Situation in Baden-Württemberg, wo H. rivularis gleicherma- ßen in kalkreichen und kalkarmen Gewässern vorkommt. Nach S chaumburg et al. (2012) reagiert die Art sensibel auf erhöhte Trophie und stärkere orga- nische Belastung, G utowski & F oerster (2009) sehen sie als Indikator für eine gute ökologische Qualität. Von R ott et al. (1999) wird die Art als meso- bis eutraphent eingestuft. K elly et al. (2015) betonen, dass Hildenbrandia über ein weites Spektrum von Nährstoffkonzentrationen vorkommt. Nach E loranta & K wandrans (2004) bevorzugt H. rivularis eutrophe, aber xeno- bis oligosaprobe, kalk-, zumindest aber basen- reiche Gewässer mit hohen Elektrolytgehalten. In Sachsen wurde sie vielfach in stärker eutro- phierten Gewässern angetroffen. H ohla & L en - zenweger (2012) nennen als Habitate einerseits Gewässer mit „klarem Wasser, einer zügigen, der Verschlammung und Nährstoffkonzentration entgegenwirkenden Strömung, schottrige Bach- bette und reichlich beschattendes Ufergehölz“, andererseits „mäßig, zum Teil sogar sogar kri- tisch belastete Gewässer“ – eine Einschätzung, die auch für Baden-Württemberg Gültigkeit hat. Nach Beobachtungen von M. P aul (schriftl. Mitt.) ist H. rivularis empfindlich gegen Starklicht, da sie in unbeschatteten Fließgewässern Sachsens nur unter schlammigen Diatomeenbelägen, an weniger nährstoffbelasteten Stellen zwar als gut sichtbare Kruste, aber nur im Schatten gefunden wurde. Eine Tendenz in der Bestandesentwicklung von H. rivularis ist schwer zu erkennen. In der Oberrheinaue war die krustenbildende Art eine der häufigsten Algen, von einem Rückgang der Bestände in den 1960er Jahren ist wahrschein- lich ebenso auszugehen wie von einer nachfol- genden Wiederausbreitung in den letzten zwei bis drei Jahrzehnten. Was die Vorkommen au- ßerhalb der Rheinaue und des unteren Neckars betrifft, liegen viel zu wenig ältere Daten vor, um einen Trend zu erkennen. In mehreren Bundesländern wird H. rivularis als „gefährdet“ eingestuft ( T äuscher 2004, H elmecke & K nappe 2011, W agner 2014). Im Gegensatz dazu ist eine Gefährdung in Baden-Württemberg nicht zu erkennen, die Art ist sogar ausgespro- chen häufig und weit verbreitet. In Sachsen ist der relative Anteil von H. rivularis an den gesam- ten Rotalgenfunden heute größer als vor ca. 100 Jahren, für die letzten zehn Jahre wird ein etwa gleichbleibender Trend angenommen ( P aul & D oege 2010). Obwohl H. rivularis eine der auffäl- ligsten Algen unserer Gewässer und leicht zu er- kennen ist, gilt die für Österreich getroffene Fest- stellung von H ohla & L enzenweger (2012), dass die „Hauptursache für den bisherigen Mangel an Nachweisen die … geringe Beachtung dieser Art ist“ ebenso für Baden-Württemberg, besondes aber für den württembergischen Teil des Landes. Lemanea fluviatilis (L.) C. A gardh 1811 Die borstenförmigen, mit knotenförmigen Verdi- ckungen versehenen, zu Büscheln angeordneten Hohlthalli sind im Gelände leicht zu erkennen (Abb. 29, 30). Sowohl eigene Aufsammlungen als auch die Ergebnisse des WRRL-Monito- rings ergeben ein spezifisches Verbreitungsbild, das sich neben einigen Funden im Odenwald ( W eissbecker 1991) fast ausschließlich auf den Schwarzwald und seine Randzonen beschränkt (Abb. 27). Lemanea fluviatilis besiedelt fast nur die silikatischen Bergbäche der mittleren und höheren Schwarzwald-Lagen, während die ähn- liche Art Paralemanea catenata überwiegend auf die unteren Lagen beschränkt ist. Lemanea fluvi­ atilis wurde 2010 aber auch in der bereits deut- lich karbonatischen obersten Donaustrecke bei Pfohren angetroffen, wenn auch nur in wenigen Exemplaren. Die untere Verbreitungsgrenze von L. fluviatilis liegt bei 220 m im Schobbach nahe

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