Carolinea 75
76 Carolinea 75 (2017) Auffällig ist die Übereinstimmung von Salix lappo num mit Salix viminalis in vielen Einzelmerkma- len. In deren Verwandtschaft wurde sie bereits von W immer (1866: 38 ff.) gestellt, die Verwandtschaft mit Salix helvetica ist nach der Morphologie zu urteilen nicht sehr eng. Noch auffälliger werden die Unterschiede dieses vermeintlichen „Arten- paares“, wenn man sie in Relation zu den tatsäch- lich vikariierenden arktisch-alpinen Artenpaaren S. arbuscula-S. foetida , S. myrsinites-S. breviser rata , S. glauca-S. glaucosericea und S. phylicifo lia-S. hegetschweileri setzt. Diese Arten sind tat- sächlich so ähnlich, dass sie z.B. noch von B user (1940) nicht getrennt wurden. Hier sind auch die Areale (Skandinavien/Alpen) so aufgebaut, dass eine Trennung der Sippen nach der Eiszeit und die darauffolgende Ausbildung meist geringfügiger und eher schwankender Differentialmerkmale durch Gendrift plausibel erscheint. Ganz anders sind die Verhältnisse bei Salix hel vetica und S. lapponum . Erstere besitzt nach F loderus (1943) drei disjunkte, weit entfernte Teilareale mit jeweils eigenen Unterarten (sub- sp. helvetica in den Alpen, subsp. marrubiifolia in den Karpaten und subsp. krylovii in Zentral asien). Dieses könnte man durchaus als Indizien für ein vergleichsweise hohes phylogenetisches Alter werten. Das gilt wahrscheinlich auch, wenn man diese Sippen als Arten einstuft, da sie wohl untereinander enger verwandt sind als mit Salix lapponum und bei dieser Einstufung als Salix helvetica -Aggregat zusammengefaßt werden können . Letztere hat dagegen ein geschlos- senes boreales Areal von Skandinavien bis Si- birien und außerdem mehrere vorgeschobene, disjunkte Areale (Schottland, Französisches Zentralmassiv, Pyrenäen*, Sudeten, Bulgarien). Eine Trennung in Unterarten oder Kleinarten ist hier offensichtlich nicht möglich, einzelne ab- weichende Typen haben offensichtlich keine eigenständige Verbreitung erlangt, insgesamt sprechen die chorologischen Verhältnisse für ein relativ geringes phylogenetisches Alter. Bei einer polytopen Entstehung aus Salix helvetica wäre es schon sehr verwunderlich, dass sich z.B. die S. lapponum des Französischen Zentral- massivs genauso deutlich von S. helvetica unter- scheidet wie die skandinavischen Pflanzen. Die umgekehrte Annahme (die Unterarten von Salix helvetica sind polytop aus S. lapponum entstan- den) könnte zwar eventuell die Ausbildung dreier Unterarten oder Kleinarten von S. helvetica in drei Teilarealen erklären, aber wiederum kaum die Tatsache, dass die S. lapponum des Franzö- sischen Zentralmassivs sich so deutlich von der S. helvetica der Alpen unterscheidet. Besonders interessant sind die Verhältnisse im Areal von Salix helvetica subsp. marrubiifolia . Vom Verfas- ser gesehene Belege ähneln auf den ersten Blick (Blattform und -farbe, Behaarung) täuschend S. lapponum , beim näheren Hinsehen zeigen sie aber alle wesentlichen helvetica -Merkmale! Da nach F loderus (1943) sich in diesem Gebiet die Areale von Salix helvetica und S. lapponum überschneiden und offensichtlich auch Hybriden auftreten, könnte es sich bei der eigentümlichen Merkmalskombination um eine Folge dieser Ein- kreuzungen handeln, möglicherweise handelt es sich aber auch um Konvergenzerscheinungen, zu denen noch der Effekt gelegentlicher Hybridi- sierung hinzukommt. 3 Fundortverzeichnis von Salix lapponum und ihrer Hybriden auf dem Feldberg Die bisher gefundenen Individuen von Salix lap ponum und ihrer Hybriden mit S. appendiculata und S. caprea wachsen an zwei Stellen an der Nordseite des Feldbergs. Beide liegen auf TK 8114 im Viertelquadranten 11. In Klammern sind die Sammelnummern des Erstautors (Pl...) ge- nannt. A.: Ostteil „Osterrain“ 1) unterer Karboden 1a) S. lapponum weiblich, kleineres Polykormon (Pl 3308, s. Abb. 1) 1b) S. appendiculata x lapponum , männlich, großes Polykormon (Pl 3309, s. Abb. 2) 2) Hang wenig oberhalb 1 2a) S. appendiculata x lapponum , jüngeres Ex., Geschlecht? (Pl 3310) 3) oberhalb 2, schwach geneigte Verebnung 3a) S. caprea x lapponum , mehrere jüngere Ex., mindestens 2 bereits blühfähig, weiblich (?), ca. 5 noch nicht blühende Ex. (Pl 3586 und 3587) B.) Westteil „Osterrain“ 1) S. appendiculata x lapponum , ca. 10 Ex. mitt- leren Alters, soweit blühend durchweg weib- lich (Pl 3911) 4 Beschreibung der Hybride Salix appendiculata x lapponum Salix x declivium P lieninger ( Salix appendiculata x lapponum )
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