Carolinea 75

Carolinea 75 (2017): 89-106, 13 Abb.; Karlsruhe, 27.12.2017 89 Die Tagfalter und Widderchen der Streuwiesen im württembergischen Allgäu – Arten, Verbreitung, Gefährdung und Schutz T homas B amann Kurzfassung Die Streuwiesen des württembergischen Allgäus wei- sen eine artenreiche Tagfalter- und Widderchenfauna auf. Im Zeitraum von 2013-2017 konnten insgesamt 70 Arten auf 219 Flächen nachgewiesen werden. Hiervon reproduzieren 53 Arten regelmäßig in den Streuwie- sen oder in deren Randbereichen. 25 Arten sind in der aktuellen Roten Liste Baden-Württembergs min- destens als gefährdet eingestuft. Darunter befinden sich mit Heilziest-Dickkopffalter ( Carcharodus floccife­ rus ), Goldenem Scheckenfalter ( Euphydryas aurinia ), Westlichem Scheckenfalter ( Melitaea parthenoides ), Lungenenzian-Ameisenbläuling ( Maculinea alcon ) und Blaukernauge ( Minois dryas ) hochgefährdete Arten, für die die württembergischen Streuwiesen teilweise die einzigen Lebensräume in Baden-Württemberg darstel- len. Nutzungsaufgabe mit anschließender Verschilfung und Gehölzsukzession, Nährstoffeinträge, mangelnde Grabenpflege und die Fixierung später Mahdtermine sind die Hauptgefährdungsfaktoren für diese und zahl- reiche weitere Insektenarten der Streuwiesen. Um die artenreiche Tagfalter- und Widderchenfauna auch zu- künftig zu erhalten, sollte versucht werden, das aktuell vorhandene Habitatnetz aus streugenutzten Nieder- mooren durch Wiederaufnahme der Mahd auf brach- gefallenen Flächen engmaschiger zu gestalten. In den Habitaten selbst sollten regelmäßig frühe Mahdzeit- punkte zur Schilfrückdrängung und zum Nährstoffent- zug etabliert werden. Gräben sollten vermehrt geräumt werden, um einer zunehmenden Vernässung der Flä- chen vorzubeugen. In der Peripherie der Niedermoore sollten möglichst breite Extensivierungsbereiche mit deutlich reduzierter Düngung durchgesetzt werden, um Nährstoffeinträge zu minimieren. Abstract The fen meadows of south-eastern Baden-Würt- temberg possess a species-rich diurnal butterfly and burnet moth fauna. During the period from 2013-2017 overall 70 species could be detected in 219 patches. Hereof 53 reproduce regularly in fen meadows or their margins. 25 species are listed as at least threatened on the current Red List of endangered butterflies in Baden-Württemberg, under it highly endangered spe- cies as Tufted Marbled Skipper ( Carcharodus floccife­ rus ), Marsh Fritillary ( Euphydryas aurinia ), Meadow Fri- tillary ( Melitaea parthenoides ), Alcon Blue ( Maculinea alcon ) and Dryad ( Minois dryas ). For a part of these species fen meadows represent the only occupied habitat in Baden-Württemberg. Abandonment of use accompanied with blocking with silt and succession of wood, nutrient input, lacking maintenance of ditches, and fixation on late mowing dates are the prime factors that endanger these and numerous other insect spe- cies. In order to conserve the species-rich diurnal but- terfly and burnet moth fauna a close meshed network of fen meadows should be achieved by resuming mow- ing on fallow patches. Early mowing dates should be established to repel silt and succession. Ditches should be cleaned regularly in order to avoid water logging. In the periphery of the fens agriculture should be execut- ed more extensive with strongly reduced fertilization to minimize nutrient contamination. Autor Dr. T homas B amann , Altenhaustraße 2, D-71111 Wal- denbuch; Tel.: +49 174/439 43 86; E-Mail: t.bamann@web.de, Einleitung Streugenutzte Niedermoore waren außerordent- lich artenreiche Lebensräume und sind dies in ihren durch Naturschutzpflege erhaltenen Relik- ten teils bis heute (Abb. 1). Neben einer einst ar- tenreichen Avifauna ist vor allem die Gruppe der Insekten mit zahlreichen, heute vielfach hoch- gefährdeten Arten vertreten. Die extensive Nut- zung in Form einer einschürigen Streumahd im Spätsommer, die geringe Nährstoffverfügbarkeit und Produktivität sowie die äußerst diverse Flora ermöglichen diesen Artenreichtum. Im württem- bergischen Allgäu hat sich ein kleiner Anteil der ursprünglich großflächig streugenutzten Nieder- moore erhalten. Ihr Fortbestand ist durch den Abschluss von Pflegeverträgen mit entsprechen- den Auflagen vorerst weitgehend gesichert. Im Zeitraum von 2013 bis 2017 wurden insgesamt 219 der etwa 300 im württembergischen Allgäu noch vorhandenen Streuwiesen begangen und alle Nachweise vorkommender Tagfalter- und Widderchenarten notiert. Hieraus entstand eine Übersicht über das vorhandene Arteninventar sowie über Häufigkeit, Habitatansprüche und Gefährdung einzelner Arten.

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