Carolinea 78
44 Carolinea 78 (2020) Standorten in Deutschland kaum eine Rolle. Die für die Eiablage gewählten Eschen müssen eine besondere Lagegunst mit warm-feuchten Bedin- gungen aufweisen ( W eidemann 1995). Zur Über- winterung verlassen die Raupen im Sommer die Eschen und bilden Überwinterungsgespinste am Boden. In der Literatur findet man unterschied- liche Angaben über die Größe solcher Gespinste ( S elzer 1918, W eidemann 1995). Bekannt ist fer- ner, dass einzelne Raupen von E. maturna einen zwei- oder mehrjährigen Entwicklungszyklus ha- ben. Innerhalb Europas scheint es diesbezüglich regionale Unterschiede zu geben ( E bert & R enn - wald 1991, E liasson & S haw 2003). Durch die Überwinterung am Boden und das meist späte Austreiben der Esche werden von den Raupen im Frühjahr auch andere Pflanzen zur Nahrungsaufnahme genutzt. Offensichtlich gibt es hier, je nach Standort und den dort vor- herrschenden Bedingungen, unterschiedliche Strategien der Raupen bei der Wahl der Wirts- pflanzen ( D olek et al. 2013). Für ehemalige Vor- kommen von E. maturna in Baden-Württemberg werden nur Gehölze als Nahrungspflanzen für die Frühjahrsraupen genannt ( E bert & R enn - wald 1991). Demnach hat auch hier in der Ver- gangenheit an einigen Lokalitäten die Esche für die Frühjahrsraupen eine große Rolle gespielt. Ähnliche Beobachtungen liegen aus dem Stei- gerwald (Bayern) vor ( D olek et al. 2013). Über die Verpuppungsstrategien der Raupen und das Puppenstadium gibt es bisher nur sehr wenige Erkenntnisse. In der vorliegenden Arbeit wird die Lebenswei- se der Raupen und Puppen während der langen Zeitspanne vom Sommer bis zum Erscheinen der Falter im Frühjahr/Frühsommer des Folge- jahres betrachtet; alle Ergebnisse beruhen auf Freilandbeobachtungen. Das hier zur Verfügung gestellte Wissen ist für den Schutz der in Baden- Württemberg vom Aussterben bedrohten Art von großer Bedeutung. 2 Material und Methoden Die Angaben zur Biologie der Präimaginalstadien von E. maturna sind das Ergebnis von Feldstu- dien des Autors an verschiedenen Vorkommen der Art in Deutschland und Österreich seit 1992. Die größte Rolle spielt dabei die gegenwärtig letzte bekannte baden-württembergische Fund- stelle von E.maturna in der Kocher-Jagst-Region. Die Erkenntnisse wurden seit der Entdeckung der Population im Jahr 1992 dokumentiert und ausgewertet. Ferner liegen Beobachtungen von den anderen bekannten deutschen Standorten im südlichen Steigerwald, der Elster-Luppe-Aue bei Leipzig, dem Berchtesgadener Land und der mit letzterem Standort in Verbindung stehenden Population am Untersberg im Salzburger Land in Österreich vor. Erkenntnisse von der mittlerweile verwaisten Lo- kalität am Stuifen sind ebenfalls Gegenstand der Betrachtung. Alle Beobachtungen, die nicht vom aktuellen Standort in Baden-Württemberg stam- men, sind als solche gekennzeichnet. A lfred E berhard (Künzelsau) beobachtete E. maturna über viele Jahre an verschiedenen Standorten in der Kocher-Jagst-Region. Seine Ergebnisse flossen mit in die Arbeit ein. Die Fo- tos sind vom Autor aufgenommen und stammen fast alle von der aktuellen Fundstelle in Baden- Württemberg. 3 Biologie der Präimaginalstadien 3.1 Eier Die Eigelege zeigen unmittelbar nach der Ablage eine fahlgelbe Färbung, dunkeln aber schnell in einen kräftigen Gelbton nach. Mit zunehmendem Alter verfärben sie sich über einen ockerfarbenen Ton nach braun und schließlich in einen rötlichen Farbton, welcher zunehmend dunkler wird. Un- mittelbar vor dem Schlupf zeigt die durchsichtige Eihülle die Eiraupenfärbung mit schwarzem Kopf und gelblichem Körper und lässt das Gelege silb- rig-grau erscheinen. Die Entwicklung des Eies zur Larve dauert in Abhängigkeit von Witterung und Lage gewöhnlich zwischen drei und vierein- halb Wochen. Häufig findet man bei Eigelegen einzelne Eier, die nicht normal heranreifen. Diese bleiben dann lange Zeit gelb und kontrastieren stark zu den Eiern mit normaler Entwicklung. Bei späten Ablagen nimmt der Anteil solcher Eier zu, die meistens nicht befruchtet sind. Sehr späte, meist kleine Eispiegel bestehen in Einzelfällen sogar komplett aus unbefruchteten Eiern. Mortalität der Eier/Eigelege Die meisten Ausfälle von Eigelegen sind in der Kocher-Jagst-Region durch Fraß des Eschen- laubes von Rehen und besonders von Rindern zu verzeichnen. Durch die Ablagepräferenz an eher tiefen Eschentrieben sind mit Eiern besetz- te Eschenblätter für Rehe und Rinder häufig gut zu erreichen. In Jahren mit Spätfrösten kommt es gelegentlich zum nahezu vollständigen Erfrieren des jungen Eschenlaubes. Eiablagen erfolgen
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