Carolinea 78

46 Carolinea 78 (2020) findet man ab dem dritten Larvalstadium. Bis zum Erreichen der Verpuppungsreife ändert sich das Farbmuster nicht mehr nennenswert. Im Ge- gensatz zu den Faltern sind die Raupen wenig variabel. Die Ausprägung der gelben Flecken differiert etwas. Speziell bei jüngeren Raupen variiert die Farbe der Dornen von hellbraun bis schwarz. Der Schlupf der Eiraupen beginnt ab ca. Mitte Juni und zieht sich je nach Witterung bis Mitte Juli hin. Zunächst schlüpfen die Raupen aus der obersten Schicht des Eispiegels, die Raupen der unteren Schichten folgen kurz danach. Nach dem Schlupf ballen sich die L1-Raupen unmit- telbar neben dem Gelege (Abb. 5). Sie beginnen damit, das Fiederblatt (entsprechend des Abla- geortes die Blattunterseite) mit Gespinstfäden zu überziehen. Auch das Gelege selbst wird in manchen Fällen mit Gespinstfäden überzogen. Gleichzeitig werden durch Schabefraß weite Teile des Blattgewebes gefressen. Gelegentlich setzen sich die Raupen auf die Oberseite des Fiederblättchens. Das ausgedünnte Blatt wird nun mit Gespinstfäden so umsponnen, dass eine Art Tüte entsteht, in welche sich die Raupen zurückziehen können. Innerhalb der Gespinste finden sich kleine Öffnungen, welche die Rau- pen zum Rein- und Rauskriechen nutzen. Häufig sieht man die Raupen zeitgleich bei unterschied- lichen Aktivitäten. Während einige mit Fressen beschäftigt sind, spinnen andere Raupen wei- tere Fäden über das besetzte Fiederblättchen. Bei den L1-Raupen sind die befressenen Blatt- bereiche häufig zuvor mit Spinnfäden überzogen worden. Gelegentlich fressen die Raupen auch außerhalb des Gespinstes. Meistens fressen mehrere Raupen, in einer Reihe nebeneinander positioniert, gleichzeitig (Abb. 6). Die Häutungen finden gewöhnlich im Gespinst statt. Dieses bie- tet den Raupen Schutz vor Prädatoren. Beim Er- weitern des Gespinstes mit einem weiteren Fie- derblättchenpaar verspinnen einige Raupen die Fiederblättchen mit dem Blattstil. Danach begin- nen die Raupen mit Einspinnen und Befressen der neuen Fiedern. Ist ein Eschenblatt komplett abgefressen und eingesponnen, siedeln die Raupen auf ein wei- teres Blatt um. Dieses wird zunächst mit dem Blattstiel versponnen. Besonders bei Raupen im 3. Kleid werden gleich mehrere Fiederblättchen befressen und eingesponnen (Abb. 7). Auch der Blattstiel wird häufig mit dem Trieb versponnen, um ein Abfallen des Blattes zu vermeiden. Dabei wird nicht zwangsläufig das nächstgelegene Blatt gewählt. Im Regelfall setzt zunächst eine größe- re Raupengruppe um. Nach einiger Zeit kommt der Rest der Raupen nach (Abb. 8). Bei größe- ren Raupengespinsten können beim Umsiedeln auf andere Blätter auch mehrere Teilnester ent- stehen. Es ist durchaus möglich, dass sich aus einem Eigelege schließlich mehrere Raupen- nester bilden. Häufiger ist der umgekehrte Weg, dass sich bei starkem Befall von Jungeschen die Raupen verschiedener Gespinste vereinen. Bei Gespinstzählungen ist es daher nicht immer ein- fach, exakte Zahlen zu ermitteln. In einzelnen Raupennestern findet man häufig Raupen in unterschiedlichen Entwicklungssta- dien. Diese entstehen teilweise aus verschieden alten Eiablagen auf demselben Eschenblatt. Aber auch Raupen, die aus einem Eigelege stammen, zeigen eine unterschiedlich schnelle Entwick- lung. Nach bisherigen Erkenntnissen holen die Nachzügler das Entwicklungsdefizit während der aktiven Phase auf den Eschen weitestgehend wieder auf. Die in der Literatur erwähnte Annah- me (z. B. F riedrich 1983), dass solche Spätent- wickler in einem früheren Larvalstadium in die Diapause gehen und möglicherweise mehrfach überwintern, kann nicht bestätigt werden, da überwinternde Raupen fast immer im gleichen Larvalstadium angetroffen werden (siehe auch Kap. 3.2.4). Das Gespinst bietet nicht nur Schutz vor Präda- toren, sondern auch vor ungünstiger Witterung. Bei Regen beispielsweise ziehen sich die mei- sten Raupen in die Gespinste zurück. Ein Teil der Raupen eines Gespinstes zeigt bei Störung ein typisches Verhalten, welches auch andere Au- toren beschreiben (z. B. E liasson & S haw 2003). Die Raupen bewegen den vorderen Teil des Kör- pers rhythmisch hin und her und erzeugen da- bei auf den trockenen Blättern ein deutlich ver- nehmbares Kratzgeräusch, was der Abwehr von Prädatoren und Parasitoiden dient. Die Entwick- lungsdauer der Raupen vor der Überwinterung beträgt in Abhängigkeit von Witterung und Lage des Gespinstes rund vier Wochen. 3.2.2 Mortalität der gespinstbildenden Jungraupen im Sommer Die Mortalität in den ersten drei Larvalstadien von E. maturna ist sehr hoch. D olek et al. (2006) untersuchten die Mortalität von Eigelegen bis hin zu den L2/L3-Raupen an Standorten in Bayern in den Jahren 2000, 2001, und 2003. Diese lag bei rund 70 %. Die Zahlen dürften für Baden- Württemberg ähnlich sein. In manchen Raupen-

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