Carolinea 78

M ayer : Der Eschen-Scheckenfalter Euphydryas maturna in Baden-Württemberg 51 terkriechen, Abfallen der Gespinste) für einen Standort in Schleswig-Holstein. Den Eschenstamm kriechen die Raupen meist senkrecht hinab. Einzelne Raupen legen gele- gentlich eine kurze Pause ein. Auch das verse- hentliche Entlangkriechen an Zweigen, die nicht zum Stamm führen, kommt vor, wird dann aber schnell korrigiert. Hin und wieder drehen auch einzelne Raupen auf ihrem Weg wieder um und laufen in die entgegengesetzte Richtung. – Das gesamte Verhaltensmuster beschreibt auch D o - lek (mündl. Mitt.) von Raupen aus dem Steiger- wald. – Sind die Raupen am Boden angekom- men, verkriechen sie sich sofort. In der Regel gehen sie in kleineren Gruppen in trockene, am Boden liegende Laubblätter. Bevorzugt werden Blätter, die eingerollt sind, eine Art Tüte bilden und dadurch besseren Schutz liefern. Die Öff- nungen der Blätter werden mit einigen Gespinst- fäden verschlossen. Häufig sind bei den Raupen, die zur Überwinterung auf den Boden gehen, auch einzelne L3-Raupen dabei. Die Häutung zur L4-Raupe findet dann in den meisten Fäl- len am Boden in den Überwinterungsgespinsten statt. Funde von Raupenhäuten in besetzten oder verlassenen Überwinterungsgespinsten be- legen dies (Abb. 18). Nachweise von aktiven Frühjahrsraupen, die si- cher als L3-Raupe anzusprechen sind, liegen nur sehr wenige vor und sind die große Ausnahme. Die Häutung ins vierte Larvalstadium kurz vor der Überwinterung bringt möglicherweise einige Vorteile mit sich. Die Dornen sind im Vergleich zum Körper sehr groß und lang. Potenzielle Prädatoren wie z. B. Ameisen haben Schwierig- keiten, die Raupen zu fassen, und lassen dann eher von diesen ab. Die Raupen erscheinen nach der Häutung fast schwarz. Beim Aktivitätsbeginn im Frühjahr sonnen sich die Raupen zunächst, um den Stoffwechsel wieder in Gang zu bringen. Hier könnte die dunkle Färbung beim Aufwärmen von Vorteil sein. Im Sommer 2019 konnten erstmalig Raupen beobachtet werden, die im L4-Stadium vor der Überwinterung weiter gefressen haben. Selbst eine L5-Raupe wurde in einem Raupennest fest- gestellt. In der Literatur (z. B. P retscher 2000) finden sich Hinweise, dass bereits überwinterte Raupen, die im Frühjahr das Fressen eingestellt haben, sich im Sommer wieder aktiven Rau- pengespinsten hinzugesellen. Dieses Verhalten konnte nie beobachtet werden. Die Tatsache, dass L4-Raupen weiterfressen, spricht dafür, dass sich von diesen einzelne noch im Sommer nach L5 häuten. Möglicherweise besteht hier ein Zusammenhang mit der durch die Klimaver- änderung bedingten Verlängerung der Vegeta- tionsperiode. Für einen sich verändernden Ent- wicklungszyklus spricht auch der Umstand, dass Raupen, die als Zwei- oder Mehrfachüberwinte- rer (siehe 3.2.10) zu deuten sind, in den letzten Jahren nicht mehr gefunden wurden. 3.2.5 Überwinterung am Boden Raupen, die gemeinsam zur Überwinterung den Boden aufsuchen, bilden nicht zwangsläufig ein gemeinsames Überwinterungsgespinst. In den meisten Fällen werden die Überwinterungsge- Abbildung 18. Die Raupenhaut zeigt, dass sich diese L4-Raupe erst nach Verlassen der Esche am Boden gehäutet hat. 18.8.2020. Abbildung 17. Kurz nach der Häutung ins vierte Lar- valstadium verlassen die Raupen gruppenweise die Esche. 16.7.2018.

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