Carolinea 78
54 Carolinea 78 (2020) geeigneter Laubblätter häufiger genutzt. Fallen auf den Eschen sitzende Raupengespinste mit zur Überwinterung bereits vorbereiteter Raupen ab, wird das Gespinst mit umliegenden Pflanzen- teilen (z. B. Laubblättern) versponnen und dient dann als Überwinterungsort. Häufig werden vor- jährige Blätter von Buchen, Ahornen, Erlen und Eichen von den Raupen als Überwinterungsplatz gewählt, aber auch Laubblätter anderer Gehölze erfüllen diesen Zweck. Besonders viele Überwin- terungsgespinste wurden in Laubblättern von Schwarzerle gefunden, was vornehmlich der Häufigkeit dieser Baumart in den Raupenhabi- taten geschuldet ist. Die meisten bisher nach- gewiesenen Überwinterungsgespinste waren in einem Radius von 50 cm um die zuvor besetzte Esche zu finden. An besonders feuchten Stellen bevorzugen die Raupen solche Laubblätter, die nicht dauer- haft durchnässt sind. Meist sind es Blätter der Laubstreu, die weiter oben liegen und wechsel- feuchte Bedingungen aufweisen. Offenbar wird dauerhafte Nässe nicht gut vertragen. Sie kann sogar zum Absterben der Raupen führen. Solche Raupen, die in ganz wenigen Fällen dokumentiert wurden, liegen langgestreckt da und zeigen eine stark glänzende Haut (vitale Raupen überwintern in eingerolltem Zustand). S elzer (1918) berichtet von sehr nassen Waldstandorten in Schleswig- Holstein über die Funde der überwinternden Raupen: „Wir bemerkten in Grasbüscheln, die im Wasser standen, hängengebliebene, trockene [Hervorhebung durch Verfasser] Erlenblätter, […] dass hierin die Raupen sich befanden“. Weit häu- figer findet man Raupen, die vertrocknet sind. Diese sind in eingerolltem Zustand und lassen sich anhand des zusammengeschrumpften Kör- pers mit übergroßer Kopfkapsel gut erkennen. 3.2.6 Mortalität der Raupen während der Überwinterung Findet die Überwinterung an geeigneten Stel- len mit guten Feuchtigkeitsbedingungen statt (die obersten Bodenschichten sind immer etwas feucht), kann davon ausgegangen werden, dass die Ausfälle nur gering sind. Dies konnte in meh- reren Fällen dokumentiert werden. An solchen Stellen finden sich nach Aktivitätsbeginn der Raupen im Frühjahr sehr hohe Dichten. Große Überwinterungsgespinste haben vermutlich Vor- teile gegenüber kleineren Gruppen oder Einzel überwinterung, da durch das Zusammenrotten die Gefahr durch Austrocknung verringert wer- den kann. P retscher (2000) berichtet von sehr großen Überwinterungsgespinsten, die eine Art Luft- blase bilden, um bei möglichem Hochwasser schwimmend davongetragen zu werden (bezug- nehmend auf S elzer , 1918). In einem Laubblatt überwinternde Raupen können sicher mit dem Blatt vom Wasser weggetragen werden, ohne zwangsläufig Schaden zu nehmen. Dies sollte bei nicht zu starker Strömung möglich sein. Die ohnehin seltenen großen Raupenaggregationen sind dagegen nur sehr schwach miteinander versponnen, sodass ein Zusammenbleiben des Gespinstes hier nicht zu erwarten ist. Die gele- gentlichen Hochwasser, hervorgerufen durch Schneeschmelze, Dauerregen oder Starkrege- nereignisse, können die Überwinterungssituati- on der Gespinste beeinflussen. Auch hier kann die weiter oben beschriebene lange Bedornung der L4-Raupen von Vorteil sein, da die Raupe durch die Oberflächenspannung vom Wasser getragen wird und nicht so schnell untergeht. Die Beobachtung einer solchen „schwimmenden“ Raupe liegt vor. Es ist anzunehmen, dass spe- ziell die L4-Raupen mit Hochwassersituationen deutlich besser zurechtkommen als spätere Raupenstadien. Dafür spricht auch, dass an kurzzeitig überfluteten Stellen, die mit überwin- ternden Raupen besetzt sind, nach Verschwin- den des Wassers trotzdem regelmäßig wieder Raupen gefunden werden können. E liasson & S haw (2003) berichten von Euphydryas aurinia - und E. maturna -Raupen, dass diese während der Diapause sogar längere Zeit unter Wasser überleben könnten. Abbildung 24. Ein typisches Überwinterungsgespinst von E. maturna . Mehrere Raupen verkriechen sich in ein eingerolltes Blatt der Laubstreu, welches mit eini- gen Gespinstfäden durchzogen wird. 26.2.2019.
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