Carolinea 78
M ayer : Der Eschen-Scheckenfalter Euphydryas maturna in Baden-Württemberg 55 Ausfälle von Raupen sind in der Überwinterungs- phase durch am Boden lebende, räuberische Prädatoren zu erwarten. Parasitoide spielen in dieser Zeit wahrscheinlich keine große Rolle, da die Raupen in der Laubstreu gut geschützt sind. Beobachtungen liegen hierzu allerdings keine vor. Durch Entnahme und Abtransport von Bäu- men im Winter sind am untersuchten letzten Vor- kommen der Art in Baden-Württemberg einige (wenige) Überwinterungsgespinste geschädigt worden. Daneben ist davon auszugehen, dass am Fundort in der Kocher-Jagst-Region auch durch den Tritt von Rindern die Überwinterungs- gespinste (in geringem Maße) Schaden nehmen. 3.2.7 Verhaltensmuster der Raupen im Frühjahr Die Raupenaktivität beginnt in der Regel ab Mitte März. In besonders warmen Phasen des Vorfrüh- lings kann man an wärmegünstigen Stellen Rau- pen auch früher beobachten (z. B. am 2. März 2020). Aktive Raupen im Februar waren bisher nicht gefunden worden. Die Zeit der Frühjahrs- raupen endet dann gewöhnlich in der ersten Maihälfte, selten später. Nach dem Verlassen der Überwinterungsgespinste ruhen die Raupen jetzt meist auf trockenen Laubblättern der Laubstreu, um sich zu sonnen. Es bilden sich häufig kleinere Raupengruppen, die während der Ruhephasen aneinandergeschmiegt auf Laubblättern, Moos oder abgebrochenen Zweigen sitzen (Abb. 25). Dieses Verhalten lässt in den folgenden Larval- stadien nach, kann aber selbst bei L6-Larven noch gelegentlich beobachtet werden. Manche Raupen sitzen auch direkt auf der Futterpflanze und sind beim Fressen zu beobachten. Je nach Witterung (kühle Temperaturen oder trocken- heiße Bedingungen am Boden) oder Tageszeit (z. B. gegen Abend) verkriechen sich die Raupen immer wieder in der Laubstreu. Auch die Raupenhäutung ins vorletzte Kleid (L5) kann in Gruppen stattfinden. In einem Fall versammelten sich mehrere Raupen in einem Altgrashorst, um sich darin zu häuten (Abb. 26). Ansonsten findet die Häutung meist einzeln, seltener paarweise statt. Manche der sich häu- tenden Raupen sieht man offenliegend (häufig auf Laubblättern der Laubstreu), andere dage- gen verstecken sich. Die Raupen von E . maturna sind auffallend mobil. Sie wechseln sehr oft ihre Ruheposition. Dabei regulieren sie die Intensität der Besonnung. In Abhängigkeit von den Witte- rungsbedingungen nutzen sie das Wechselspiel von Besonnung und Beschattung, um die opti- malen Bedingungen zu finden. Auch in der Häu- tungsphase befindliche Raupen wechseln hierfür gelegentlich den Sitzplatz. Die Raupen sitzen häufig nicht direkt auf der Fraßpflanze, sondern z. B. auf anderen Pflanzen der direkten Umge- bung. Möglicherweise liegt hier ein Grund für die in der Literatur aufgeführten potenziellen Wirts- pflanzen (z. B. Schlehe, Veilchen), die vom Autor bisher nie bestätigt werden konnten. Finden die überwinterten Raupen in der un- mittelbaren Umgebung keine Fraßpflanzen vor, sind diese in der Lage, als Gruppe an einen besser geeigneten Standort umzusiedeln. Wie- derholt konnte beobachtet werden, dass ge- meinsam überwinterte Raupen die unmittelbare Umgebung des Überwinterungsortes verlassen. Abbildung 26. L4-Raupen versammeln sich zur Häu- tung in einem Altgrashorst. 3.4.2011. Abbildung 25. Nach dem Verlassen der Überwinte- rungsgespinste sonnen sich die Raupen häufig dicht aneinandersitzend. 16.3.2012.
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