Carolinea 78

56 Carolinea 78 (2020) Sie finden sich dann an Stellen wieder, die ein größeres Nahrungsangebot oder insgesamt bessere Bedingungen für die Larvalentwicklung aufweisen. Es fällt auf, dass sich an bestimmten Stellen (z. B. im offenen Wiesenbereich) auf eng begrenztem Raum häufig hohe Raupendichten nachweisen lassen, die vergleichsweise weit von den im Jahr zuvor durch Raupengespinste besetzten Eschen entfernt sind. In Einzelfällen konnten Raupen gefunden werden, die einen Abstand von bis zu 50 m zur nächsten Esche hatten. Bei guten Bedingungen findet die Rau- penentwicklung häufig in einem Radius nicht größer als 10 m von der Überwinterungsstelle entfernt statt. Neben der Fraßpflanze spielt auch die Struktur des Raupenhabitats eine Rolle. Am Fundort in der Kocher-Jagst-Region werden die Saumbe- reiche zwischen Waldrand und Wirtschaftswie- se bevorzugt. Wichtig ist eine reich strukturierte Krautschicht mit einem Wechsel aus krautigen Pflanzen, Rohbodenanteilen, Laub, Moospol- stern etc. mit einer ausgeprägten Schichtung (Abb. 27). Hier entstehen für die Raupen opti- male mikroklimatische Bedingungen mit dem Wechsel von Sonneneinstrahlung und Beschat- tung. Raupenfunde in von Gräsern dominierten, vergleichsweise monotonen Fettwiesen kom- men vor, sind aber deutlich seltener als an den zuvor beschriebenen Stellen. Raupen im letzten und vorletzten Kleid vereinzeln sich verstärkt. Trotzdem finden sich auch hier an manchen eng begrenzten Stellen der Krautschicht hohe Rau- pendichten, was nicht nur auf das Vorhanden- sein potenzieller Futterpflanzen zurückzuführen ist. Speziell in der Krautschicht ändern sich die Be- dingungen durch das Hochwachsen der Kräuter und Gräser im Frühjahr recht schnell. Gleichsam ändert sich dort das Mikroklima und damit die Bedingungen für die Raupen. Die Regulierung der Körpertemperatur scheint für die Raupen von großer Bedeutung. Das Zusammenwirken von Umgebungstemperatur, Sonneneinstrahlung und Luftfeuchtigkeit lässt die Raupen ihre Sitzpo- sition auswählen, welche häufig gewechselt wird. Bei heißen und trockenen Bedingungen verkrie- chen sich die Raupen die meiste Zeit. Es kön- nen zeitgleich Raupen an anderen, feuchteren Stellen (z. B. an Quellaustritten) aktiv sein. Bei kühleren Temperaturen am Abend verkriechen sich manche Raupen in der Laubstreu (auch ge- meinsam). Selbst voll erwachsene Raupen sind immer wieder mit direktem Körperkontakt zu beobachten (Abb. 28). Dieses Verhalten könnte ebenfalls der Thermoregulierung dienen. 3.2.8 Nahrungspflanzen der Frühjahrsraupen Die Raupen von E. maturna verfolgen an den ver- schiedenen Lokalitäten in Deutschland nach der Überwinterung unterschiedliche Fraßstrategien. Dies ist in erster Linie den verschiedenartigen Habitaten und dem entsprechend gearteten An- gebot potenzieller Wirtspflanzen geschuldet. Die Raupen zeigen hier lokale Anpassungen. Wäh- rend am Fundort in der Kocher-Jagst-Region krautige Pflanzen die überragende Rolle spielen, scheinen an anderen Standorten (Steigerwald, Abbildung 27. Diese bachbegleitende, lückige Saum- vegetation zeigt eine typische Raupenfundstelle im Frühjahr. 2.5.2016. Abbildung 28. Auch erwachsene Raupen findet man re- gelmäßig neben Artgenossen ruhend. 12.5.2019.

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