Bläulinge an Jagst und Kocher: Verbreitung, Ökologie, Schutz

Projektgebiet in der Jagst-Kocher-Region

Alexis-Bläuling auf Blütenstand einer Esparsette

Kreuzdorn-Zipfelfalter auf einer Dostblüte

Männchen des Großen Feuerfalters

Raupe des Alexis-Bläulings an Tragant-Blüte mit Ameisen

Raupe des Argus-Bläulings mit Schwarzer Wegameise

Wirtsameisen (Myrmica sp.) der Ameisenbläulinge an Fraßköder

In einem faunistisch bisher nur wenig untersuchten Gebiet, dem Bereich von Jagst und Kocher im Nordosten Baden-Württembergs, wurden zehn gefährdete Bläulingsarten im Hinblick auf ihre Verbreitung und ihre regionalen Lebensraumansprüche studiert. Die mit Ameisen vergesellschafteten Bläulinge (sog. Myrmekophilie) zeigen enge ökologische Vernetzungen zwischen Raupen, spezifischen Wirtspflanzen und Ameisenpartnern, weshalb sie auf Umwelteinflüsse besonders sensibel reagieren. Die Landesdatenbank Schmetterlinge Baden-Württembergs (LDS-BW) dokumentiert deutliche Bestandsrückgänge vieler Bläulingsarten in neuerer Zeit. Hauptziel des Projekts war es, durch erweiterte regions-spezifische Kenntnisse über die Biologie der Präimaginalstadien (Eiablage, Fraßpflanzen, Ameisenpartner) die Grundlagen zu verbessern, diese Arten bei Biotop- und Landschaftspflege angemessen zu berücksichtigen. Ameisen-Assoziationen mit einer fakultativen Symbiose (Raupe an der Nahrungspflanze mit Ameisengarde) wurden bei zwei Echten Bläulingen beobachtet: Alexis-Bläuling (Glaucopsyche alexis) und Esparsetten-Bläuling (Polyommatus thersites). Bei diesen Arten werden die Raupen häufig von verschiedenen Ameisenarten besucht, wobei die Ameisen Futtersekret erhalten und die Raupen einen gewissen Schutz durch die Ameisen genießen. Beim Zwerg-Bläuling (Cupido minimus) ist Ameisenbesuch aus anderen Regionen bekannt, wurde in der Jagst-Kocher-Region aber nicht registriert. Der Große Feuerfalter (Lycaena dispar) ist einer der wenigen Feuerfalter, bei dem Ameisen-Assoziationen berichtet wurden, was in dieser Studie gleichfalls nicht festgestellt werden konnte. Dagegen konnte beim Kreuzdorn-Zipfelfalter (Satyrium spini) die Vergesellschaftung mit Ameisen vor allem kleinerer Raupen an niedrigen Kreuzdorn-Pflanzen erstmals umfangreich dokumentiert werden. Im Gegensatz dazu stehen die Raupen der obligat myrmekophilen Bläulinge in so starker Abhängigkeit zu ganz bestimmten Ameisenarten, dass sie ohne deren Anwesenheit nicht eigenständig überleben könnten. Der Argus-Bläuling (Plebejus argus) ist in der Jagst-Kocher-Region auf die Schwarze Wegameise (Lasius niger) angewiesen. Im Falle der Wiesenknopf-Ameisenbläulinge leben die Raupen zunächst in den Blüten des Großen Wiesenknopfs und ab dem 4. Larvenstadium parasitisch in den Nestern ihrer Wirtsameisen (Gattung Myrmica), wo sie sich räuberisch von der Ameisenbrut ernähren. Beim Hellen und beim Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Phengaris teleius, P. nausithous) wurden Studien zur Häufigkeit der Wirtsameisen mittels Köderfängen durchgeführt, da die direkte Beobachtung der Raupen in den Ameisennestern aus Naturschutzgründen unterbleiben musste. Die Veränderung der Landnutzung in der heutigen Zeit ist hauptverantwortlich dafür, dass die Bestände der Insekten immer mehr zurückgehen. In der Jagst-Kocher-Region leiden die Magerrasen der Talhänge unter Verbuschung wegen der Aufgabe traditioneller Nutzungsarten, wie z.B. Schafbeweidung. Auf den Wiesen im Talgrund findet vielmehr eine Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung statt (zunehmende Düngung, erhöhte Mahdfrequenz). Anhand der Projektergebnisse wurden Erhaltungsmaßnahmen vorgeschlagen, die zusammen mit den Landschaftspflegeverbänden, den Naturschutzbehörden und dem ehrenamtlichen Naturschutz in der Region umgesetzt werden sollen. Das in den Jahren 2017 bis 2019 durchgeführte Projekt wurde gefördert durch die Stiftung Naturschutzfonds Baden-Württemberg (Proj.-Nr. 73-8831.21/546 91-1705L).

Ausgewählte Publikationen

Güsten, R., Sanetra, M. & Trusch, R. (2019):
Bläulinge (Lepidoptera: Lycaenidae) im Einzugsgebiet von Jagst und Kocher – Verbreitung, Ökologie und Vorschläge zu Schutzmaßnahmen. Carolinea 77, Karlsruhe: 93-143  
Sanetra M., Güsten R. & Trusch R. (2015):
Neue Erkenntnisse zur Verbreitung und Lebensweise von myrmekophilen Bläulingen (Lepidoptera: Lycaenidae) im Tauberland und angrenzenden Regionen. Carolinea 73, Karlsruhe: 29-82  

Liste der Mitarbeiter

Dr. Robert Trusch, Dipl.-Biol.

Dr. Robert Trusch, Dipl.-Biol.
Telefon: +49 721 175-2842
E-Mail: trusch@smnk.de