Carolinea 83 (2025): e1-e12, 5 Abb.; Karlsruhe, 30.12.2025

Analyse der Larvalhabitate des Braunen Eichen-Zipfelfalters Satyrium ilicis im Landkreis Heidenheim und mögliche Maßnahmen zu seinem Schutz

Carla D. Schenk, Thomas K. Gottschalk und Heiko Hinneberg

doi: 10.64134/carolinea/83.5.1-12
 

Kurzfassung

In Baden-Württemberg gilt der Braune Eichen-Zipfelfalter (Satyrium ilicis) als „vom Aussterben bedroht“. Eines seiner wenigen Vorkommensgebiete liegt im Gemeindegebiet von Dischingen im Landkreis Heidenheim. Wir führten im Winter 2023/2024 eine systematische Suche nach Eiern von S. ilicis an insgesamt 1.986 jungen Eichen, verteilt auf 26 Untersuchungsflächen im Landkreis Heidenheim, durch. Wir untersuchten entscheidende Faktoren zur Wahl des Eiablageplatzes durch den Vergleich von besiedelten mit nicht besiedelten Habitatflächen und den Vergleich von zur Eiablage genutzten mit nicht zur Eiablage genutzten Jungeichen auf den Habitatflächen. Im Rahmen unserer Untersuchung konnten wir die Art auf zehn der 26  Untersuchungsflächen nachweisen. Die aktuell besiedelten Habitatflächen bilden vier Cluster mit Entfernungen von mehr als 1,2 km zwischen den Clustern, sodass zumindest in Normaljahren wahrscheinlich kein Individuenaustausch zwischen den Clustern stattfindet. Unsere Daten zeigen einen klaren Zusammenhang zwischen der Präsenz von S. ilicis auf einer Habitatfläche und der Eichenhöhe im Flächendurchschnitt. Auf Flächen mit einer mittleren Eichenhöhe von 2-3 m wurden die Eier der Art am häufigsten angetroffen. Außerdem stellten wir fest, dass S. ilicis auf den besiedelten Habitatflächen geschützt stehende Jungeichen im Vergleich zu eher frei stehenden Exemplaren bei der Eiablage bevorzugt und seine Eier insbesondere an Eichen mit einem möglichst bodennahen untersten Ast ablegt. Neben Eiern an heimischen Eichen konnten wir mehrere Eiablagen an Zerr-Eiche (Quercus cerris) dokumentieren. Aus den Ergebnissen der Untersuchung leiten wir Charakteristika geeigneter  Larvalhabitate und dringend erforderliche Maßnahmen zum Schutz von S. ilicis auf der östlichen Schwäbischen Alb ab. Die Maßnahmen haben zum Ziel, das Angebot junger Eichen im räumlich-zeitlichen Kontext zu verbessern. Erste Maßnahmen sollten rasch und möglichst im direkten Umfeld der bestehenden Restvorkommen von S. ilicis umgesetzt werden, um die vom Aussterben bedrohte Population zu stabilisieren.


Abstract

Analysis of the larval habitats of the ilex hairstreak Satyrium ilicis in the district of Heidenheim and possible measures for its protection
The Ilex Hairstreak (Satyrium ilicis) is listed as “critically endangered” in the German federal state of Baden-Württemberg. We investigated the small-scale distribution and habitat preferences of this species in one of its last areas of occurrence in Baden-Württemberg, the district of Heidenheim, in winter 2023/24. We surveyed a total of 1.986 young oak trees at 26 different study sites for S. ilicis eggs and confirmed the presence of the species at ten sites, grouped into four different clusters with distances > 1.2 km between clusters. We compared habitat patches and individual young oak trees where S. ilicis eggs were found with habitat patches and young oak trees without S. ilicis eggs. Our data show that the average height of oak trees in the habitat patches determines the selection of oviposition sites at the habitat patch level. Satyrium ilicis was most likely to occur in habitat patches with an average oak tree height of 2-3 m. At the level of individual host plants, S. ilicis preferred oaks in sheltered situations and oaks with small distances between the ground and the first branch. In addition to native oak species, we also observed eggs on planted Turkey oaks (Quercus cerris). From our results we derive characteristics of suitable larval habitats and provide recommendations for the conservation of S. ilicis in the study area. The recommended management measures aim to improve the spatio-temporal availability and connectivity of early successional habitats with young oak trees. In order to stabilise the critically endangered S. ilicis population, we recommend an early start of habitat management in the vicinity of currently occupied habitat patches.