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carolinea, 68
(2010)
Teil eine den Verhältnissen vor dem Ausbau
vergleichbare hydromorphologische ­Dynamik
mit lebhaften Erosions- und Sedimentations-
vorgängen, während es in vielen Gewässern
der Vorländer fast nur noch zur Ablagerung von
Sedimenten kommt (K
rause
1971, 1981,
Ober­
rheinagentur 1996).
Eine der ökologischen Grundforderungen des
zur Behebung der negativen Folgen des Ober-
rheinausbaus vom Umweltministerium Baden-
Württemberg ins Leben gerufenen Integrierten
Rheinprogramms (IRP) ist die Wiederherstel-
lung auetypischer Verhältnisse entlang der ge-
samten Oberrheinstrecke. Hierzu gehören auch
Bemühungen, eine naturnahe Hydrodynamik
wenigstens in einigen Seitengewässern wieder
herzustellen. Zu diesen Gewässern gehört auch
der „Salmengrund-Süd“ (im folgenden kurz als
Salmengrund“ bezeichnet), ein ca. 600 m lan-
ger, mit dem Rhein parallel laufender, flacher
Altarm mit stark schwankenden Wasserständen
bei Neuburgweier südlich Karlsruhe. Die ökolo-
gische Aufwertung des stark verlandeten Gewäs-
sers wurde 2005 im Rahmen des LIFE-Projekts
­„
Lebendige Rheinauen bei Karlsruhe“ in Angriff
genommen. Nach einer mehrjährigen Phase der
Voruntersuchung wurden im Winter 2008/2009
die vorgesehenen Sanierungsmaßnahmen
durchgeführt. Vorrangiges Ziel der Maßnahmen
war eine Erhöhung der Morphodynamik durch
eine oberstromige Rheinanbindung.
Anlaß zu Bedenken gab der grundwasserbetonte
Charakter des Salmengrundes, den zu erhalten
die Zuordnung eines Gewässerteils zum Le-
bensraumtyp 3140 („Kalkreiche, nährstoffarme
Stillgewässer mit Armleuchteralgen“) der FFH-
Richtlinie verlangte. Die Befürchtungen betrafen
vor allem eine negative Reaktion seltener Was-
serpflanzen, insbesondere der dort von F
ritz
&
T
remp
(1997),
sowie S
chiel
&
H
unger
(2001)
gefundenen Armleuchteralge Tolypella prolifera,
auf eine erhöhte Zufuhr von Rheinwasser. Jähr-
liche, teils im Rahmen des LIFE-Projekts (2005,
2009),
teils auch zusätzlich durchgeführte Unter-
suchungen (2006, 2007, 2008) zur Flora und Ve-
getation des Salmengrundes boten die seltene
Möglichkeit, die Vegetationsdynamik in einem
engen zeitlichen Beobachtungsraster über einen
längeren Zeitraum zu verfolgen. Zwei frühere
Untersuchungen aus den Jahren 1995 und 2001
erlauben zudem den Vergleich der Vegetations-
entwicklung über einen Zeitraum von 15 Jahren
(
F
ritz
et al. 1997, S
chiel
&
H
unger
2001).
Eine
wesentliche Absicht war es, mit dieser Studie zur
Dokumenta­tion der Entwicklung von Flora und
Vegetation der Gewässer in der Oberrheinaue
beizutragen, die von Anfängen zu Beginn des
20
sten Jahrhunderts ausgehend (L
auterborn
1910),
erst in den 1960er Jahren durch P
hilippi
(1969, 1978
a, 1978b, 1980) und K
rause
(1971)
auf eine breitere Basis gestellt wurde.
Ein zweites Anliegen besteht darin, das im Sedi-
ment als „biotisches Potential“ enthaltene Reser-
voir lebender Diasporen zu untersuchen. Gera-
de in amphibischen Lebensräumen mit ihren oft
kurzlebigen Pioniergesellschaften kommt dem
Diasporenvorrat des Bodens eine entscheidende
Bedeutung bei der Vegetationsentwicklung zu.
Bis auf wenige Einzelarbeiten aus jüngerer Zeit
(
P
oschlod
et al. 1999, S
chütz
2008
a, b, S
chütz
et al. 2008, 2010) wurde allerdings der Diaspo-
renvorrat im Sediment von Auegewässern der
Oberrheinebene nie untersucht. Daher wurde im
Auftrag der LUBW 2006 bis 2008 zusätzlich zu
den vegetationskundlichen Arbeiten die Größe
und Zusammensetzung der Diasporenbank des
Salmengrundes erfaßt (S
chütz
2008
a).
Lage
Das ca. 600 Meter lange und bei Mittelwasser
zwischen 10 und 50 m breite Altwasser „Salmen-
grund“ liegt nordwestlich von Neuburg­weier zwi-
schen Rhein-Kilometer 355,2 und 355,9 ungefähr
20
Meter rheinseits des Hochwasserdammes
(
MTB 7015/1, 104 m über N.N.). Es erstreckt sich
parallel zum Rhein, von dem es ca. 170 Meter
entfernt ist (Abb. 1). Das Altwasser wird durch
einen Weg in zwei Abschnitte geteilt. Der kür-
zere, südliche Teil (Abschnitt 1 in Abb. 1) steht
über eine Rinne mit dem Rhein in Verbindung.
Der nördliche Abschnitt ist durch einen Graben
mit dem nördlich angrenzenden, schnell durch-
strömten Altarm im Gewann „Bellenkopf“ verbun-
den. Dieses nördlich anschließende Altarmsy-
stem wiederum erhält über einen Durchlass aus
dem Rhein Wasser. Der Zutritt von Rheinwasser
erfolgte vor der Maßnahme an ca. 38 Tagen im
Jahr (W
ald
&
C
orbe
2006).
Durchgeführte Maßnahmen
Hauptziel des Vorhabens war eine oberstromige
Anbindung des Altwassers an den Rhein, die
durch eine Absenkung des Leinpfades und die
Herstellung einer Verbindung über die bereits be-
stehende, bis zum Altwasser reichenden Rinne
bei Rheinkilometer 355,3 erreicht wurde. Rhein-
wasser tritt nun, nach mittlerer Wasserstands-
dauerlinie, an ca. 50 Tagen im Jahr in den Sal-