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carolinea, 70
(2012): 115-128, 6 Farbtaf.; Karlsruhe, 19.12.2012
115
Drei neue Naturschutzgebiete im
Regierungsbezirk Karlsruhe
C
hristoph
A
ly
Kurzfassung
Die im Jahr 2012 abgeschlossene Ausweisung von
drei neuen Naturschutzgebieten im Regierungsbezirk
Karlsruhe in Baden-Württemberg ist Gegenstand des
Beitrags. Flora und Fauna der Gebiete sowie deren
enge Verzahnung mit der historischen bzw. noch gege-
benen Nutzung werden beschrieben, die wesentlichen
Inhalte der Verordnungen werden vorgestellt. Abschlie-
ßend wird für die Beibehaltung eines dialogorientierten
und bürgernahen Unterschutzstellungsverfahrens plä-
diert. Das Ergebnis ist ein maßgeschneiderter und um-
fassender Schutz, der vor Ort während des Verfahrens
Akzeptanz gefunden hat.
Abstract
Three new nature reserves in Baden-Wuerttemberg,
Germany
We report on the legal ordinance of three new nature
reserves in Baden-Wuerttemberg, Germany, in 2012.
Biotopes are described, as well as the occuring spe-
cies of endangered plants, birds, bats, locusts, butter-
flies, and bees. The legal ordinance is the result of a
two-year-long procedure, with ample opportunities for
the public to discuss the subject. We are convinced,
that that is necessary to create a climate of apprecia-
tion and acceptance for nature protection.
Autor
Dr. C
hristoph
A
ly
, Regierungspräsidium Karlsruhe, Re-
ferat 55 – Naturschutz, Recht, 76247 Karlsruhe, Tel.:
0721/926-4362, E-Mail:
.
Naturschutzgebiet „Kalkofen“, Mönsheim
im Enzkreis
Der Name dieses Naturschutzgebietes (und des
zentralen Gewanns) erinnert an eine Kalkbren-
nerei, die hier im Frühmittelalter bestanden ha-
ben soll, von der aber im Gelände keine Spuren
mehr zu sehen sind.
Der Obere Muschelkalk bildet den geologischen
Untergrund. Auf der Hochfläche und an den
südwestexponierten Hängen herrschen flach-
gründige Rendzina-Böden vor („Kalkscherben-
Äcker“). An den Unterhängen und in Mulden und
Senken haben sich reichere, lehmige Böden ge-
bildet.
Das „Handbuch der naturräumlichen Gliederung
Deutschlands“ (S
chmidthüsen
& M
eynen
1955)
ordnet das Gebiet der Haupteinheit „Neckar­
becken“ zu, einer Region, die mit hohen Durch-
schnittstemperaturen und relativ geringen Nie-
derschlagsmengen zu den klimabegünstigten
Teilen Südwestdeutschlands gehört.
Typisch für das Landschaftsbild des Hecken-
gäus ist das kleinflächig strukturierte, viel-
fältige Mosaik aus lichten Kiefernwäldern,
Laubmischwäldern, Obstbaum- und anderen
Wiesen, Feldgehölzen und Hecken, Magerra-
sen, Ruderalfluren, Lesesteinriegeln und Acker-
flächen, die in jahrhundertelang praktizierter
Nutzung und Realteilung entstanden sind (W
olf
& Z
immermann
1991). Im Gebiet wird es bis Mitte
des 19. Jahrhunderts kaum Wiesen und Wäl-
der, sondern in erster Linie Äcker, Steinriegel,
Hecken und Allmendweiden gegeben haben.
Erst ab der Mitte des 19. Jahrhunderts gingen
überall im Land aus mageren Äckern Mähwie-
sen hervor. Die Schafbeweidung auch der All-
mendweiden ging rapide zurück; diese wurden
in Wiesen, Äcker und Wälder umgewandelt. Der
„Kalkofen“ ist ein Musterbeispiel dieser Land-
schaftsentwicklung.
Innerhalb des rund 75 ha großen Naturschutzge-
bietes befinden sich heute 28 ha Grünland (Wie-
sen und Magerrasen). Hecken und Gebüsche
nehmen 20 ha, Wälder 6 ha ein; 15 ha werden
als Ackerland genutzt.
Insgesamt sind Lebensräume und Artvorkom-
men in diesem Gebiet drei Mal genau dokumen-
tiert worden: für einen ersten, erfolglosen Unter-
schutzstellungsversuch in den Jahren 1987/1988
(W
olf
& Z
immermann
1991), im Jahr 2000 im Rah-
men einer ambitionierten Diplomarbeit (J
essber
-
ger
2001) und aktuell zur Vorbereitung des nun
erfolgreichen
Unterschutzstellungsvorhabens
(K
oslowski
2010).
Die Gefährdungsgrade sind entsprechend den
aktuellen „Roten Listen des Landes Baden-
Württemberg“ angegeben (Fledermäuse: B
raun
& D
ieterlen
2003, Pflanzen: B
reunig
& D
emuth
1999, Schmetterlinge: E
bert
et al. 2005, Vögel:
H
ölzinger
et al. 2007).
1...,129,130,131,132,133,134,135,136,137,138 140,141,142,143,144,145,146,147,148,149,...246
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