Ökosystem Wald: Lebensraum und Erholungsgebiet

In diesem Artikel wird es um die Bedeutung des Waldes für Pflanzen, Tiere und Menschen gehen. Wie wichtig ist Totholz für den Wald? Wieso werfen die meisten Laubbäume ihre Blätter ab, während viele Nadelbäume auch im Winter grün bleiben? Wie wirkt sich Natur auf unser Wohlbefinden aus?

Wie der Blatt- und Blütenaustrieb von Laubbäumen im Frühling von statten geht, mit mehreren beschrifteten Bildern, können sie in "Frühling: Austrieb der Knospen" lesen.

Wenn Sie noch mehr zu diesem Thema wissen wollen, finden Sie weiterführende Literatur im Quellenverzeichnis.

- Autor: N. Wehner; Bundesfreiwilliger in der Botanik -

Dreißig Prozent der Gesamtfläche Deutschlands, das entspricht 11,4 Millionen Hektar, ist von Wald bedeckt. Für uns Menschen erfüllt der Wald vorrangig wirtschaftliche und soziale Funktionen. Der Wald ist aber auch der artenreichste Lebensraum der Welt, der Arten einen Rückzugsort und Schutz bietet, wovon man selbst bei genauerem Hinsehen und Verweilen nur eine Vorahnung bekommt.

Wahrnehmung und Erholung

Im Hinblick auf die Erholungsfunktion des Waldes suchen immer mehr Menschen den Wald als Rückzugsort auf. Sie nehmen die Gerüche und Klänge des Waldes wahr und können sich vom Alltag distanzieren. Gerade im Frühling ist die Atmosphäre einzigartig. Aus jedem Spalt sprießen Keimlinge und ringen um das Licht, die Knospen der Bäume und Sträucher platzen auf, die Blüten öffnen sich, die Blätter beginnen sich kunstvoll zu entfalten. Insekten schwirren umher, die Vögel zwitschern und bauen ihre Nester. Die Natur scheint sich selbst zu erneuern und gegen die trüben Tage aufzulehnen und das aufs Neue, Jahr für Jahr. Weiter unten sehen Sie zwei Bilder wie sich der Rittnertwald innerhalb eines Monats verändert hat.

Der Wald stärkt nachweislich die Gesundheit des Menschen und zwar psychisch und physisch. Schon nach wenigen Minuten Aufenthalt im Wald schlägt das Herz ruhiger und der Blutdruck sinkt. Vor allem in der Stadt ist unser Gehirn ständig so vielen Reizen ausgesetzt, dass wir unwichtige Informationen ausblenden und abwehren müssen, was auf Dauer anstrengt. In der Natur hingegen streifen unsere Gedanken nur dahin und betrachten die Umgebung. Der Körper beginnt sich zu entspannen, wenn man sich darauf einlässt  und regeneriert sich ebenfalls. Laut einem Artikel der „Welt“ (Link zum Artikel der Welt) konnten Forscher der Nippon Medical School in Tokio nachweisen, dass ein Tag im Wald die Anzahl der Killerzellen im Blut um 50% ansteigen lässt. Dieser Effekt hält für ca. eine Woche an. Das Immunsystem wird also nachhaltig gestärkt, wenn wir regelmäßig in den Wald bzw. in die Natur gehen.

Rittnertwald Ende März - Ende April

Totholz; kein unnützer Teil des Waldes

Die Bedeutung des Waldes verändert sich ständig, nicht zuletzt durch das Auftreten besonderer Wetterereignisse und aufgrund einer sich stetig wandelnden Forstwirtschaft. Das Bild eines “aufgeräumten Waldes“ weicht einem “natürlichen und nachhaltigen Wald“, in dem abgestorbene und von Käfern besiedelte Bäume vermehrt stehen gelassen und geschützt werden, was zum Teil mit Unverständnis aufgenommen wird. Lesen Sie dazu gerne weiterführend den Artikel „Heldbock und Eichenschutz“. In einem reinen "Wirtschaftswald" geht es vorrangig um das Produkt des Waldes Holz (z.B. Biomassegewinnung aus Kurzumtriebsplantagen, Cellulosegewinnung). Ein nachhaltig bewirtschafteter Wald legt hingegen ebenso großen Wert auf eine vielseitige Artenvielfalt und erzeugt dazu den Rohstoff Holz.

Dieses stehende und liegende, nicht genutzte Holz hat eine sehr wichtige Funktion und ist keineswegs ein Störfaktor. Totholz ist ein eigenes Habitat für verschiedenste Tier-, Pilz- und Moosarten, die es als Brutstätte, Nahrungsquelle und Substrat als Lebensgrundlage benötigen. Moose sind insbesondere auf bestimmtes Totholz einer Baumart spezialisiert. Das Totholz von Pappeln ist tendenziell nährstoffreicher sowie basischer und das einer Eiche nährstoffärmer und saurer. Wälder sind bis zu 8°C kühler als das Offenland und Städte. Sowohl Totholz als auch lebende Bäume halten Wasser zurück und verdunsten es vermehrt an heißen Tagen: eine natürliche Klimaanlage so zu sagen. Die Bäume beschatten den Boden und erhöhen die Luftfeuchte. So sinkt die Temperatur. Totes Holz verstärkt diesen Effekt. Forscher aus Europa und USA konnten zeigen, dass Wälder, trotz steigender Temperaturen außerhalb, nicht unbedingt wärmer werden, wie bisher angenommen. Die Temperaturunterschiede zwischen Offenland und Wald werden größer (Link zur Quelle). Wie lebende Bäume speichert Totholz CO2 und gibt es bei der Zersetzung über Jahrzehnte langsam ab. Anders als bei der Verbrennung von Holz, wo das gesamte CO2 sofort in die Atmosphäre gelangt.

Laub- und Nadelwälder als Wasserspeicher

Pro Quadratmeter kann der Waldboden ca. 200 Liter Wasser speichern, welches an die Umgebung abgegeben werden kann und bei gesättigtem Boden in tiefere Schichten ins Grundwasser sickert. Hängt natürlich auch von der Wasserhaltefähigkeit des Bodens ab. Sandböden können viel weniger Wasser in Bodennähe halten als Löss-, Lehm- und Humus-reiche Böden. Nadel- und Laubwälder unterscheiden sich in diesem Punkt sehr. Laubbäume werfen überwiegend im Winter ihre Blätter ab und verdunsten somit pro Jahr weniger Wasser als Nadelbäume. Das Grundwasser wird so in bspw. Buchenwäldern schneller als in einem Fichtenwald gebildet. Da Nadelbäume auch im Winter Fotosynthese betreiben, nehmen sie das ganze Jahr über Stoffe wie Kohlenstoffdioxid (CO2) und Schadstoffe aus der Luft auf, im Gegensatz zu laubabwerfenden Bäumen. Übers Jahr verteilt filtert ein Fichtenwald (pro Jahr und Hektar ca. 420 kg) mehr Schadstoffteilchen aus der Luft als ein Buchenwald (pro Jahr und Hektar ca. 240 kg). Allerdings werfen auch manche Nadelbäume ihre Nadeln im Winter ab. Ein Beispiel wäre die Europäische Lärche. Zu diesem Thema erschien bereits ein Bericht in der Rubrik Nachgefragt: "Warum werfen Lärchen im Winter ihre Nadeln ab?“. Dass Lärchen ihre Nadeln im Winter verlieren, liegt unter anderem an ihrem ursprünglichen Standort im Gebirge, wo die Bäume im Winter mehr über die Nadeln verdunsten würden, als sie über Regen und Grundwasser aufnehmen könnten; für Fichten hat sich diese "Kostennutzenrechnung" hingegen bisher gelohnt. 

In Zukunft werden durch das wechselnde trockenere Klima die als Monokultur von z. B. Fichte bewirtschafteten Gebiete dezimiert und mit verschiedenen Laub- und Nadelgehölzen aufgeforstet. Dies trägt zur Erhöhung der Artenvielfalt der Baumschicht und entsprechend der Tiere, Pilze und weiterer Pflanzen bei, die diese besiedeln. Ein Aussterben bzw. ein starker Rückgang einer Baumart wäre somit nicht so gravierend wie bei Monokulturen, wo sofort ganze Landstriche kahl dastehen, wie es momentan in den Fichtenwäldern der Fall ist. Schuld sind zum Beispiel die Borkenkäfer (Buchdrucker und andere).

Quellen und weiterführende Literatur

  • Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL); Oktober 2014: Der Wald in Deutschland, Ausgewählte Ergebnisse der dritten Bundeswaldinventur: Link zum PDF
  • Naturland - Verband für ökologischen Landbau e.V. (2021): Ökologische Waldnutzung: Link zur Webseite 
  • Naturwald Akademie gGmbH (2021): Wälder schützen Pflanzen und Tiere vor Klimaerwärmung: Link zur Webseite
  • H. Hoffmeister (2021): Ökologie, Ökosystem Wald: Link zur Webseite
  • WeltN24 GmbH (2021); Fanny Jiménez, Helen Schiek: Nur fünf Minuten im Wald stärken Ihr Selbstbewusstsein: Link zur Webseite
  • Presse-Druck- und Verlags-GmbH; Verlag der Augsburger Allgemeine (2021): Was macht der Wald mit Psyche und Körper: Link zur Webseite
  • Beobachter; Ringier Axel Springer Schweiz AG (2021): Umweltpsychologie, Von der Natur verführt: Link zur Webseite
  • Stiftung Unternehmen Wald; Rüdiger Kruse (2021): Was ist Totholz? – wie viel braucht der Wald davon?: Link zur Webseite
  • Stiftung Unternehmen Wald; Rüdiger Kruse (2021): Waldfunktionen: Link zur Webseite