
M
ittmann
& H
avelka
: Zur Geschichte gefährdeter Nutztierrassen; Kronenkammhühner
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sem Bild die Tatsache, dass die frei laufenden
Haushühner bereits zu dieser Zeit eine deutliche
Ausprägung von erblichen, phaenotypisch inte-
ressanten Merkmalen für die spätere Rassege-
flügelhaltung zeigen. Belegt wird weiterhin, dass
bei den Landschlägen der damaligen Zeit sehr
wohl ein homogenes Erscheinungsbild üblich ist,
das aber weiter gefasst ist. Im Gegensatz zu der
heutigen Tierhaltung werden in der Hühnerherde
Tiere mit mehr Sprenkelhuhncharakter (Hahn),
aber auch goldfarbige und silberfarbige Tiere
(Paduanerartige) zusammen mit Tieren unter-
schiedlicher Kopfpunkte (Kronenkamm, Hauben)
zusammen gehalten und auch in einer Fort-
pflanzungsgemeinschaft vermehrt. Gleichzeitig
deutet dies auf die beginnende Durchmischung
der eingeführten Kronenkammhühner mit den
bodenständigen Mittel- bis Nordeuropäischen
Landschlägen hin.
Einen wissenschaftlichen Statusbericht über
den Stand der Rassebildung bei den Haushüh-
nern im 18. Jahrhundert liefert
B
uffon
(1776) im
vierten Teil seiner Naturgeschichte (s.o.). Jetzt
zeigt sich, dass sich das auffällige Körpermerk-
mal des Kronenkammes bei den Kammhühnern
als Merkmal dauerhaft in den Hühnerpopulati-
onen Mitteleuropas etabliert hat. Er bildet einen
„Englischen Hahn“ ab mit Kronenkamm und Fe-
derhaube, auch zeigen „Krup Hahn“ und „Krup-
Henne“ dieses Merkmal (Abb. 21 a bis c). Er be-
schreibt den schönen Doppelkamm des „Hahn
von Bantam“ oder den des „Kluthahns“ und des
„Ungeschwänzten Persischen Huhns“, der einen
„bald einfachen, bald gedoppelten Kamm“ besitzt
(Abb 21 d und e). Diese Bemerkung zusammen
mit der Feststellung, dass der abgebildete „Krup-
Hahn“ fünf Zehen hat, die zugehörige Henne in-
des nur vier, macht deutlich, dass zu dieser Zeit
die Zuchtlinien in ihrem genetischen Potential
noch nicht so eingeschränkt waren, wie es heute
bei rein gezüchteten Rassen als selbstverständ-
lich erachtet wird.
Abbildung 20b. Der Bildausschnitt zeigt Kronenkammhühner mit einer Sprenkelzeichnung.