
Carolinea 71
(2013): 5-12, 5 Abb.; Karlsruhe, 16.12.2013
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Philonotis marchica
(
H
edw
.)
B
rid
. an den
Isteiner Schwellen – Pflanzensoziologisch-
ökologische Studie
M
ichael
L
üth
Kurzfassung
Es wird über ein Vorkommen der Moosart
Philonotis
marchica
auf den Isteiner Schwellen berichtet. Der
Standort bei Istein ist natürlich und das Vorkommen
des Mooses an dieser Stelle vermutlich urwüchsig.
Die Untersuchungen zur Ökologie und Vergesellschaf-
tung des Mooses zeigen, dass es sich bei diesem
Vorkommen um einen Dauer-Pionierstandort handelt,
der durch die regelmäßig wiederkehrenden Hochwas-
serereignisse geprägt wird.
Philonotis marchica
ist mit
Arten vergesellschaftet, die zu den Wassermoosge-
sellschaften des Verbandes Cinclidotion fontinaloidis
P
hilippi
1956 gehören. Andere Arten weisen aber auch
auf die Pflasterritzengesellschaft des Bryo-Saginetum
procumbentis
D
iem
.,
S
iss
. &
W
esth
. 1940 n. inv.
O
berd
.
hin, die wohl ursprünglich von oben genannten Stellen
stammt. Am Schluss wird auf die Gefährdung dieses
primären Standortes aufmerksam gemacht.
Abstract
Philonotis marchica
(
H
edw
.)
B
rid
. at the Isteiner
Schwellen – a phytosociological-ecological study
A presumably natural and autochthonous occurrance
of the moss
Philonotis marchica
from the Isteiner
Schwellen is presented. Investigations on the ecology
and phytosociology of the moss reveal that this habitat
can be seen as continuous pioneer habitat, which is
maintained by periodic flootwater.
Philonotis marchica
is associated with species of the Cinclidotion fontin-
aloidis Philippi 1956. However, other species indicate
a relationship to the Bryo-Saginetum procumbentis
D
iem
.,
S
iss
. &
W
esth
. 1940 n. inv.
O
berd
., which might
have originated from the habitat mentioned above. Fi-
nally, we highlight the endangerment and conservation
status of this primary habitat.
Autor
M
ichael
L
üth
, Emmendinger Str. 32, 79106 Freiburg,
Tel. 0761/280944, E-Mail:
Umweltplanung@milueth.deEinleitung
Philonotismarchica
ist einePionierart auf feuchtem
bis nassem Substrat mit einer weltweiten Verbrei-
tung in überwiegend submediterranen Gebieten.
In Baden-Württemberg gibt es Funde auf Torf-
und Sumpfböden, von nassen und überrieselten
Felsen und aus Kiesgruben. Während die Art im
19. Jahrhundert noch häufig an Primärstandorten
wie nassen Felsen gefunden wurde, sind heute
hauptsächlich von Menschen geschaffene Stand-
orte wie Torfstiche, Wegränder und Kiesgruben
bekannt. An kaum einer Fundstelle konnte das
Moos bei späteren Begehungen wieder angetrof-
fen werden. Als echtes Pioniermoos scheint die
Art einen Standort zwar schnell, aber nur kurz zu
besiedeln (
S
auer
2001). Aufgrund dieses spora-
dischen Auftauchens gibt es über die Art keine
Angaben zur Vergesellschaftung.
Im Frühjahr 2010 gab es eine Exkursion der
Nordic Bryological Society (NBS) zu den
Isteiner Schwellen, einer Formation flacher
Kalkfelsen im Restrhein bei Istein (Abb. 4). Da-
bei wurden an mehreren Stellen der Kalkfelsen
im Rhein Vorkommen von
Philonotis marchica
entdeckt. Das Moos war hier sehr üppig entwi-
ckelt (Abb. 3) und machte nicht den Eindruck
einer einmaligen Spontanbesiedelung, son-
dern den eines dauerhaften, in ein pflanzenso-
ziologisches Umfeld eingepassten Dauervor-
kommens. In der vorliegenden Studie werden
die ökologischen Bedingungen und die Verge-
sellschaftung des Mooses untersucht.
Morphologie
Philonotis marchica
wächst von niedrigen Rasen
mit kleinen Einzelpflanzen bis hin zu großen,
kompakten Polstern. Auffällig an allen Arten der
Gattung ist die gelbgrüne Farbe mit einem Stich
ins bläuliche. In den Blattachseln bildet das Moos
rote Brutkörper mit kurzen Blattansätzen aus
(Abb. 1 und Abb. 2b).
Die einzelnen Arten der Gattung sind mit Sicher-
heit nur mikroskopisch durch die Lage der Mamil-
len auf den Blattzellen zu bestimmen.
P. marchica
ist dabei in Deutschland die einzige Art, bei der
die Mamillen im ganzen Blatt am oberen (distalen)