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L

üth

:

Philonotis marchica

an den Isteiner Schwellen

11

sich die Pioniervegetation von den Ritzen aus

auf die Fläche ausdehnen, bis ein neues Hoch-

wasser den Kreislauf von vorne beginnen lässt.

Die Niedrigwasserperiode entspricht bei den

Pflasterritzen zum Beispiel einem über den Win-

ter abgemeldeten Motorrad, in dessen Schutz

die Arten sich ebenfalls entwickeln können und

größer werden, bis die Saison wieder beginnt.

Naturschutz

Der Standort von

Philonotis marchica

auf den

Isteiner Schwellen ist seit der Rheinregulierung

ein künstlich geregeltes Ökosystem. Man kann

jedoch davon ausgehen, dass es im Bereich der

Kalkfelsen bei Istein auch bereits vorher solche

Standorte gegeben hatte. Vermutlich waren die­

se im nicht begradigten Rhein sogar weitaus

häufiger als heute, und es gab sie eventuell

auch auf anderen Stellen, wie zum Beispiel an

den früher vorhandenen Kiesinseln im Rhein.

P.

marchica

ist so gut an den Standort angepasst,

dass die Art sehr wahrscheinlich schon im natür-

lichen Rhein diese Stellen besiedelt hat und bei

Istein urwüchsig ist. Eine historische Angabe aus

dem Jahr 1904, vom Rheinufer bei Rheinweiler,

stammt von

J

anzen

(1906). Vermutlich kommt

das Moos, das heute bei uns gelegentlich an

anthropogenen Standorten kurzfristig auftaucht,

ursprünglich von Standorten wie die bei Istein,

die durch die Begradigung der Flüsse nahezu

verschwunden sind. Wenn auch die Art selbst in

Baden-Württemberg in der Roten Liste nur auf

der Vorwarnliste steht und nur wenig gefährdet

scheint (

S

auer

2005), so sind die primären Stand-

orte der Art offensichtlich stark zurückgegangen

und vermutlich sogar vom Aussterben bedroht.

Die EDF hat in den letzten Jahrzehnten oft nur

sehr wenig Wasser im Altrhein bei Istein gelas-

sen und diesen hauptsächlich dazu benutzt,

Hochwasserspitzen hineinzuleiten und den Ka-

nal zu entlasten. Die war für die Ökologie von

Philonotis marchica

jedoch sehr vorteilhaft, und

die Art hat sich auf diesem Rest von Lebensraum

sehr gut entwickeln können. Dass das Rhein-

kraftwerk der EDF jetzt verpflichtet wurde, stän-

dig mehr Wasser im Altrhein zu lassen, kommt

zwar bestimmten anderen Organismen zugute

(die Zielgruppe sind die Lachse), die Felslebens-

räume darin verlieren dadurch allerdings große

Flächen, und es ist nicht sicher, ob sich solche

Arten wie

Philonotis marchica

weiterhin an die-

sem primären Standort halten können.

Abbildung 5. Durch Gras und Gehölz geschützte Wuchsstelle von

Philonotis marchica

am 19.11.2011.