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Carolinea 71

(2013): 13-23, 6 Abb.; Karlsruhe, 16.12.2013

13

J

oseph

G

ottlieb

K

oelreuter

(1733 – 1806),

ein bedeutender Karlsruher Botaniker

des 18. Jahrhunderts

S

iegfried

R

ietschel

Kurzfassung

Vor 250 Jahren begann

J

oseph

G

ottlieb

K

oelreuter

seine Tätigkeit als Direktor des Botanischen Gartens in

Karlsruhe, führte hier seine in Sankt Petersburg begon-

nenen, zukunftsweisenden Versuche zur Vererbung bei

Pflanzen und Untersuchungen zu ihrer Sexualität fort.

Die Lebensgeschichte und Bedeutung dieses ersten

botanischen Wissenschaftlers am markgräflichen Hof

werden in Erinnerung gerufen.

Abstract

J

oseph

G

ottlieb

K

oelreuter

(1733 – 1806),

a disting­

uished botanist of the 18

th

century at Karlsruhe

250 years ago

J

oseph

G

ottlieb

K

oelreuter

took up the

position as Director of the Karlsruhe Botanical Gar-

dens, continued here cross breeding of plants he had

started at Saint-Peterburg and his pioneering research

work on plant sexuality. His biography and the import of

his work as the first botanical scientist at the margrave

court are called back to mind.

Autor

Prof. Dr.

S

iegfried

R

ietschel

, Museumsdirektor i.R.,

Waldrebenweg 6, 76149 Karlsruhe, Mail: s.rietschel@

kabelbw.de

.

1 Einleitung

Bereits am 11. November 2006, seinem 200. To-

destag, wurde des Karlsruher Biologen

J

oseph

G

ottlieb

K

oelreuter

durch den Botanischen

Garten des KIT Karlsruhe mit einer kleinen Aus-

stellung, mit Vortragsveranstaltungen, Internet-

Seiten (

N

ick

, P.

:

www.botanik.kit.edu/garten/108.

php und

www.botanik.kit.edu/garten/821.php

,

besucht 2008) und mit einem Artikel in den Ba-

dischen Neuesten Nachrichten (

E

rhard

2009)

gedacht. Nun bietet das Jahr 2013 erneut einen

Anlass, an diesen weitgehend vergessenen Bo-

taniker des 18. Jahrhunderts zu erinnern, denn

vor 250 Jahren wurde er durch den Markgrafen

zum Professor der Naturgeschichte und Direktor

der Fürstlichen Gärten in Karlsruhe ernannt. Da-

durch war er unmittelbarer Vorgänger von

C

arl

C

hristian

G

melin

, dem Direktor des Naturalienka-

binetts und heutigen Naturkundemuseums. Die-

ser Beginn seiner Karlsruher Jahre bietet Gele-

genheit, uns

K

oelreuter

selbst, seine Bedeutung

für die Geschichte der Pflanzengenetik und die

Blütenökologie ins Gedächtnis zu rufen. Hat er

doch, von Sankt Petersburg ausgehend, mit sei-

nen Forschungen in Karlsruhe als Erster die Se-

xualität der Pflanzen methodisch untersucht, be-

schrieben und damit eine der Voraussetzungen

von Evolution und Artenvielfalt aufgeklärt.

2 Lebensgeschichte

J

oseph

G

ottlieb

K

oelreuter

(

auch

K

ölreuter

geschrieben

)

wird am 27. April 1733 als Sohn

eines Apothekers in Sulz am Neckar geboren.

Über seine Jugendzeit ist fast nichts überliefert.

Er besucht in Sulz die Lateinschule und inter­

essiert sich wohl schon als Kind für die Natur,

vorwiegend für Pflanzen und Insekten. Aus sei-

ner späteren Doktorarbeit geht hervor, dass er

schon als Jugendlicher eine Insektensammlung

besitzt. Bereits am 19.11.1748 schreibt er sich

als Fünfzehnjähriger an der Universität Tübingen

als Student der Medizin ein. Dort ist einer sei-

ner Lehrer und Förderer

J

ohann

G

eorg

G

melin

(1709 -1755)

, der von 1733 bis1743 im Auftrag

der Zarin zusammen mit

G

erhard

F

riedrich

M

ül

-

ler

(1705 -1783) die „Große Nordische Expediti-

on“ zur Erforschung Sibiriens unternahm und die

vierbändige „Flora Sibirica“ verfasst hat. 1747

war

G

melin

anlässlich einer Reise in seine Vater-

stadt in Tübingen auf den Lehrstuhl für Medizin,

Botanik und Chemie berufen worden.

K

oelreuter

kehrt während seiner Studienzeit

gelegentlich ins Elternhaus nach Sulz zurück,

wie eine erst 1775, zwanzig Jahre später, ver-

öffentlichte Untersuchung über Kreuzschnäbel

und Zapfenwanzen im Winter 1754 zeigt. Nach

einem Studienjahr in Straßburg (1753 -1754) ist

K

oelreuter

wieder in Tübingen und

wird 1755

mit einer Arbeit über Käfer und seltene Pflanzen

[

Dissertatio inauguralis medica de insectis cole-

opteris, nec non de plantis quibusdam rarioribus