
M
ittmann
& H
avelka
: Zur Geschichte gefährdeter Nutztierrassen; Kronenkammhühner
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mehr einen Landschlag denn ein Rassehuhn.
Dass das genetische Potential dieser Rasse noch
relativ groß ist, zeigt sich an der Tatsache, dass
die Dandarawi-Hühner, die in Europa gezüch-
tet werden, einen reinen Kronenkamm zeigen.
In ihrer Heimat werden jedoch auch Hühner mit
anderen Kammformen wie Schmetterlingskamm
oder auch nur einem gespaltenen Einfachkamm
angetroffen. Als weiteres Merkmal ist bei ihnen
die Zahl der Zehen nicht stabil. In Dandarawi-
Zuchten sind Tiere sowohl mit vier als auch fünf
Zehen gleichzeitig zu beobachten (Abb. 6).
5 Die Kronenkammhühner
in bildlichen Darstellungen
Detailgenaue Darstellungen einzelner Haus-
oder Nutztiere auf Gemälden und in frühen
Buchillustrationen, besonders aus Zeiten der
Gotik und der Renaissance, liefern oft wertvolle
Hinweise zumWerdegang und zur Ausbreitungs-
geschichte einer Haustierrasse. Dabei zeigt sich,
dass auch die Geschichte der Kronenkammhüh-
ner weit in das 13. Jahrhundert zurückreicht.
Obwohl Haushühner schon um 2000 v. Chr. in Sy-
rien und Ägypten in archäologischen Fundstellen
nachweisbar sind, werden sie im Alten Ägypten
und in frühen griechischen Bildwerken nur sel-
ten abgebildet. Eine der ältesten Abbildungen ist
die Zeichnung eines Huhns in dem sogenannten
A
rtemidor
-Papyrus aus den ersten Jahrzehnten
nach Christi Geburt (
G
allazzi
& K
ramer
1998).
K
inzelbach
(2009)
deutet die Zeichnung eines
schlanken, hochläufigen Hahns mit der grie-
chischen Beschriftung „
κόρακος
“ (korakos = wie
ein Rabe) als Bild eines schwarzen Haubenhuhns
und verweist auf Besonderheiten: „Schwarze
Hühner waren in einer Zeit, in der noch nicht sor-
tenrein gezüchtet wurde, nicht selbstverständlich
und daher auffällig. Sie treten als Opfertier für
dunkle Mächte auf…. Die zweite Besonderheit
ist die Federhaube an Stelle eines Fleischigen
Kammes…“. Er sieht darin die erste antike Abbil-
dung eines Haubenhuhns überhaupt. Gleichzeitig
ist dies damit ein Nachweis für das Auftreten der
Mutation, die zur Ausprägung des Faktors Cr zur
Haubenbildung führt. Dass diese in den frühen
kleinasiatischen und nordafrikanischen Hühner-
populationen schon vorgekommen ist, aber noch
sehr selten gewesen sein muss, lässt sich durch
die Tatsache belegen, dass in Tonnen von Hüh-
nerknochen im archäologischen Fundmaterial
aus diesem Teil des Römischen Reichs die cha-
rakteristisch veränderten Schädelknochen nur
äußerst selten gefunden worden sind.
Die älteste uns bekannte Abbildung eines Kro-
nenkammhuhns stammt ebenfalls aus dieser Re-
gion.
A
bu
Y
ahya
Z
akariya
‘
ibn
M
uhammad
al
-Q
azwini
(* um 1203; † 1283) war ein persischer Arzt, As-
tronom und Geograph, der nach seinem Studi-
um in Qazwîn vorwiegend in Bagdad, Mosul und
Damaskus wirkte. Sein Hauptwerk „Die Wunder
Abbildung 5. Caumont Hahn mit Kronenkamm und Fe-
derschopf. – Foto:
I. R
izade
.
Abbildung 6. Dandarawi-Hahn. – Foto:
B. V
elder
.