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M

ittmann

& H

avelka

: Zur Geschichte gefährdeter Nutztierrassen; Kronenkammhühner

107

mehr einen Landschlag denn ein Rassehuhn.

Dass das genetische Potential dieser Rasse noch

relativ groß ist, zeigt sich an der Tatsache, dass

die Dandarawi-Hühner, die in Europa gezüch-

tet werden, einen reinen Kronenkamm zeigen.

In ihrer Heimat werden jedoch auch Hühner mit

anderen Kammformen wie Schmetterlingskamm

oder auch nur einem gespaltenen Einfachkamm

angetroffen. Als weiteres Merkmal ist bei ihnen

die Zahl der Zehen nicht stabil. In Dandarawi-

Zuchten sind Tiere sowohl mit vier als auch fünf

Zehen gleichzeitig zu beobachten (Abb. 6).

5 Die Kronenkammhühner

in bildlichen Darstellungen

Detailgenaue Darstellungen einzelner Haus-

oder Nutztiere auf Gemälden und in frühen

Buchillustrationen, besonders aus Zeiten der

Gotik und der Renaissance, liefern oft wertvolle

Hinweise zumWerdegang und zur Ausbreitungs-

geschichte einer Haustierrasse. Dabei zeigt sich,

dass auch die Geschichte der Kronenkammhüh-

ner weit in das 13. Jahrhundert zurückreicht.

Obwohl Haushühner schon um 2000 v. Chr. in Sy-

rien und Ägypten in archäologischen Fundstellen

nachweisbar sind, werden sie im Alten Ägypten

und in frühen griechischen Bildwerken nur sel-

ten abgebildet. Eine der ältesten Abbildungen ist

die Zeichnung eines Huhns in dem sogenannten

A

rtemidor

-Papyrus aus den ersten Jahrzehnten

nach Christi Geburt (

G

allazzi

& K

ramer

1998).

K

inzelbach

(2009)

deutet die Zeichnung eines

schlanken, hochläufigen Hahns mit der grie-

chischen Beschriftung „

κόρακος

“ (korakos = wie

ein Rabe) als Bild eines schwarzen Haubenhuhns

und verweist auf Besonderheiten: „Schwarze

Hühner waren in einer Zeit, in der noch nicht sor-

tenrein gezüchtet wurde, nicht selbstverständlich

und daher auffällig. Sie treten als Opfertier für

dunkle Mächte auf…. Die zweite Besonderheit

ist die Federhaube an Stelle eines Fleischigen

Kammes…“. Er sieht darin die erste antike Abbil-

dung eines Haubenhuhns überhaupt. Gleichzeitig

ist dies damit ein Nachweis für das Auftreten der

Mutation, die zur Ausprägung des Faktors Cr zur

Haubenbildung führt. Dass diese in den frühen

kleinasiatischen und nordafrikanischen Hühner-

populationen schon vorgekommen ist, aber noch

sehr selten gewesen sein muss, lässt sich durch

die Tatsache belegen, dass in Tonnen von Hüh-

nerknochen im archäologischen Fundmaterial

aus diesem Teil des Römischen Reichs die cha-

rakteristisch veränderten Schädelknochen nur

äußerst selten gefunden worden sind.

Die älteste uns bekannte Abbildung eines Kro-

nenkammhuhns stammt ebenfalls aus dieser Re-

gion.

A

bu

Y

ahya

Z

akariya

ibn

M

uhammad

al

-Q

azwini

(* um 1203; † 1283) war ein persischer Arzt, As-

tronom und Geograph, der nach seinem Studi-

um in Qazwîn vorwiegend in Bagdad, Mosul und

Damaskus wirkte. Sein Hauptwerk „Die Wunder

Abbildung 5. Caumont Hahn mit Kronenkamm und Fe-

derschopf. – Foto:

I. R

izade

.

Abbildung 6. Dandarawi-Hahn. – Foto:

B. V

elder

.