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Carolinea 71
(2013)
damit einhergehenden Bestimmungen für viele
erst einmal Eigentumsbeschränkungen (
S
toll
1998) – unabhängig davon, ob und wenn ja, wie
weit das tatsächlich der Fall ist. Trotzdem muss
diese Wahrnehmung erkannt und berücksichtigt
werden (
S
chenk
1999). Das Ziel der Akzeptanz-
steigerung soll sein, dass die Schutzmaßnahme
von den (unmittelbar) betroffenen Bürgerinnen
und Bürgern als sinnvoll, notwendig und auch
vorteilhaft angesehen wird (
S
chulte
2001): „Be-
troffene sollen Beteiligte werden“.
Um dies zu erreichen, werden in vielen Studien
einheitlich zwei unumgängliche Punkte erwähnt:
(1) Kommunikation und (2) Mitwirkungsmöglich-
keiten (
F
eige
et al. 1996,
S
toll
1998,
W
iersbinski
1998,
S
chenk
1999,
S
chulte
2001). Informati-
onsvermittlung und Kommunikation kann nur in
Einzelgesprächen oder Kleingruppen stattfinden,
um einen echten Dialog mit den Betroffenen zu
ermöglichen. Dabei spielen Transparenz, Fair-
ness und Kompetenz eine wichtige Rolle, um eine
Vertrauensbasis zu schaffen (
F
eige
et al. 1996).
Eine zielgruppenorientierte Öffentlichkeitsarbeit
ist absolut notwendig, denn wissenschaftliche
Fachgutachten finden in der Bevölkerung kaum
Beachtung (
S
chenk
1999,
S
chulte
2001). Zusätz-
lich zu praxisorientierten, verständlichen Infor-
mationen wünschen sich die Bürgerinnen und
Bürger meist eine Möglichkeit, am Prozess der
Planung und Maßnahmenentwicklung teilzuneh-
men. Dies kann recht einfach dadurch erfolgen,
dass das Fachwissen der Einheimischen – quasi
regionalen „Experten“ – gesucht, gehört und be-
rücksichtigt wird (
F
eige
et al. 1996,
S
chenk
1999).
Sind Bürgerinnen und Bürger davon überzeugt,
dass ihre Meinung wertgeschätzt und beachtet
wird, nehmen sie den gesamten Prozess eher
positiv wahr (
S
toll
1998).
In Baden-Württemberg wird seitens der Landes-
regierung großer Wert auf eine aktive Bürgerbe-
teiligung bei Planungen und Verfahren gelegt.
Aus diesem Grund wurde 2011 das Amt der
Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbetei-
ligung eingerichtet. Ihre Aufgabe ist es unter an-
derem, eine frühzeitige Bürgerbeteiligung vor Ort
zu fördern und die Beteiligung direkt in die Ver-
waltungsprozesse zu integrieren (Staatsminis
terium Baden-Württemberg 2013). Ziel soll sein,
so gut wie möglich verschiedene Interessen zu
berücksichtigen und zusammenzuführen. Dies
geschieht beispielsweise durch Informations-
veranstaltungen, aber auch über eingerichtete
Diskussionsplattformen im Internet. Grundlage
für ein erfolgreiches Akzeptanzmanagement ist
allerdings immer die Bereitschaft der Bevölke-
rung zur Mitwirkung, eine offene Einstellung ge-
genüber Veränderungen und ein Mindestmaß an
Kompromissbereitschaft (
S
chenk
1999,
S
chulte
2001).
2 Verfahrensweise eines akzeptanzorien-
tierten Unterschutzstellungsverfahrens
Naturschutzgebiete werden durch Rechtsverord-
nung der Regierungspräsidien ausgewiesen. Da
die betroffenen Flächen in aller Regel in Privat-
besitz sind, ist die Zustimmung von Eigentümern
und Besitzern zu einschränkenden Verordnungs-
inhalten alles andere als selbstverständlich. Die
Zustimmung der Eigentümer und Besitzer ist
zwar nicht rechtliche Voraussetzung für die Aus-
weisung eines Naturschutzgebietes, allerdings
müssen sich die Einschränkungen innerhalb
zumutbarer Sozialbindung des Eigentums bewe-
gen. Dies muss erklärt werden: Nur dann ist auch
eine Zustimmung des Gemeinderates zu erwar-
ten, ohne die ein Unterschutzstellungsverfahren
wohl kaum abzuschließen ist. Folgende Arbeits-
abfolge hat sich bewährt:
1. Kontaktaufnahme mit den wichtigsten Ak-
teuren: Kommune, anschließend ggf. Vertreter
der Forst- und Landwirtschaft sowie der Ver-
eine, der Jagdgenossenschaft usw.:Was schla-
gen wir vor, warum schlagen wir es vor, gibt es
Gemeinsamkeiten in der Einschätzung, gibt es
widersprechende Ziele für das Gebiet?
2. Einarbeitung der Gesprächsergebnisse in
die Entwürfe von Würdigung und Verordnung;
Kommunikation dieser Änderungen.
3. Beginn der Öffentlichkeitsarbeit in Form von
„naturkundlichen Spaziergängen“ und Einzel-
gesprächen mit Eigentümern und Nutzern.
4. Einarbeitung der Ergebnisse aus der Öffent-
lichkeitsarbeit in die Entwürfe von Würdigung
und Verordnung, Kommunikation dieser Ände-
rungen.
5. Beginn des offiziellen Verfahrens mit der An-
hörung der Träger öffentlicher Belange.
6. Abwägung, ggf. Einarbeitung der vorgetra-
genen Anregungen und Bedenken.
7. Offenlage.
8. Abwägung, Berücksichtigung oder begründe-
te Ablehnung der vorgetragenen Anregungen
oder Bedenken.
9. Abschluss des Verfahrens durch öffentliche
Unterzeichnung der Verordnung im Rahmen
eines kleinen Festakts vor Ort.