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Carolinea 71

(2013)

wurden 2012 durchgeführt, und 2012 sowie

2013 fand die beschriebene Öffentlichkeitsarbeit

in Form von Gebietsbegehungen und Informa-

tionsveranstaltungen statt. Auch das Ökomobil

des Regierungspräsidiums Karlsruhe leistete

Mithilfe: Mitte Juli 2013 wurden an drei Tagen 60

Schüler aus den Grundschulen in Hilpertsau und

Weisenbach in die Flora und Fauna der Streu-

obstwiesen im geplanten Naturschutzgebiet

eingeführt (

S

teinbach

2013). Mit dem Erlass der

Naturschutzgebietsverordnung „Hilpertsau“ ist in

Kürze zu rechnen.

In Neckargemünd (Rhein-Neckar-Kreis) gab es

ein ähnliches Problem. Die Stadt wollte 2009

ein – bereits im Vorfeld kontrovers diskutiertes

– Neubaugebiet im Bezirk Kleingemünd aus-

weisen. Schwierigkeiten traten auf, als Brutbäu-

me des Körnerbocks

Megopis scabricornis

dem

Baugebiet weichen sollten. Es handelt sich hier-

bei um eine vom Aussterben bedrohte und streng

geschützte Art. Somit lag ein Widerspruch gegen

artenschutzrechtliche Bestimmungen vor, und es

war eine entsprechende artenschutzrechtliche

Ausnahme notwendig. Das Regierungspräsidi-

um suchte nach Möglichkeiten, einen Ausgleich

zwischen den Interessen herzustellen.

Ersatz- bzw. Ausgleichsmaßnahmen zum Schutz

des Körnerbocks wurden auf geeigneten Streu-

obstbereichen durchgeführt. Somit konnte die

Stadt Neckargemünd ihrer Ausgleichspflicht für

das Baugebiet nachkommen. Darüber hinaus

wurde vereinbart, diese Flächen zusätzlich als

Naturschutzgebiet auszuweisen, um den lang-

fristigen Schutz und angemessene Pflegemaß-

nahmen zu Gunsten des Körnerbocks und der

weiteren seltenen und schützenswerten Arten

in diesem Gebiet dauerhaft zu sichern. Das

Schutzgebiet Kleingemünd ist das erste Schutz-

gebiet aus jüngerer Zeit, in dem von Anfang

an eine Kooperation mit einer Institution aus

dem Bildungsbereich vorgesehen ist. In dem

Schutzgebiet werden (natur-)pädogische und

therapeutische Maßnahmen für hörgeschädigte

Kinder durchgeführt werden. Wir beabsichtigen,

bei künftigen Schutzgebietsverordnungen regel-

mäßig nach Möglichkeiten der Kooperation mit

Schulen zu suchen und in den Verordnungen die

dafür erforderlichen Regelungen zu treffen. Die

Schutzgebietsverordnung Kleingemünd wurde

vor kurzem, getragen von breiter Zustimmung in

der Bürgerschaft und in den kommunalen Gre-

mien, erlassen.

In den beiden erwähnten Gemeinden gab es im

Kontext der Bebauungsplanung unterschiedlich

stark ausgeprägte kommunalpolitische Konflikte.

Die Schutzgebietsverfahren haben dazu bei-

getragen, diese Konflikte zu bewältigen, indem

die Balance zwischen Naturnutzung und Natur-

schutz wieder hergestellt und so die Grundlage

für eine breite Akzeptanz der kommunalen Ent-

wicklung in baulicher und ökologischer Hinsicht

geschaffen wurde.

Ein Beispiel für ein zuerst missglücktes Unter-

schutzstellungsverfahren im Regierungsbezirk

Karlsruhe ist das 2012 ausgewiesene Natur-

schutzgebiet „Kalkofen“ (Gemeinde Mönsheim,

Enzkreis). Es gab Ende der achtziger Jahre und

dann nochmals 2004 einen Versuch, das Schutz-

gebiet auf den Weg zu bringen. Damals stand

die fachliche und rechtliche Qualität im Vorder-

grund, weniger das Bemühen um Akzeptanz vor

Ort. Nachdem die Gemeinde und einige Träger

öffentlicher Belange das Schutzgebiet abgelehnt

hatten, wurde das Verfahren eingestellt.

2010 wurde die Schutzgebietsausweisung er-

neut aufgegriffen, mit den oben genannten

Schritten erfolgreich durchgeführt und 2012 ab-

geschlossen. In diesem dritten Anlauf legte man

besonderenWert auf die Anhörung und vor allem

Einbindung der Bürgerinnen und Bürger, betrieb

Öffentlichkeitsarbeit und besprach Details im

Vorfeld ausgiebig mit der zuständigen Gemein-

de, den Gartenbesitzern und Landwirten. So

konnte es zu einer einstimmigen Entscheidung

des Gemeinderats für die Ausweisung eines Na-

turschutzgebiets kommen. In einem eigens in der

Verordnung genannten Beirat wird die Gebiets-

entwicklung alljährlich besprochen. Dadurch soll

der erreichte Konsens erhalten und durch ge-

meinsame Beschlussfassung ständig erneuert

werden.

Weitere Beispiele für erfolgreiche Schutzgebiets-

verfahren der letzten vier Jahre im Regierungs-

bezirk Karlsruhe sind die Naturschutzgebiete

„Alter Flugplatz Karlsruhe“ (Stadt Karlsruhe),

„Sandheiden und Dünen“ (Stadt Baden-Baden

und Gemeinde Sandweier), „Hochholz-Kapel-

lenbruch“ (Städte Rauenberg und Wiesloch

sowie Gemeinden Malsch und St. Leon-Rot),

„Auweinberge-Fuchsenloch“ (Stadt Mosbach

und Gemeinde Neckarzimmern), „Kammerten-

berg“ und „Felsengärten Mühlhausen“ (beide

Stadt Mühlacker, Enzkreis) sowie „Sauersbosch,

Pfrimmersbach- und Märzenbachtal“ (Stadt Ba-

den-Baden). Auch bei diesen Verfahren fand die

Unterschutzstellung breite Unterstützung bei der

Bürgerschaft und den Betroffenen sowie häufig

einstimmige Zustimmung in den kommunalen