
B
urmeister
et al.: Akzeptanzmanagement
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Dieses Verfahren ermöglicht es, die Interessen
und Belange der Betroffenen nicht nur zu regis-
trieren, sondern auch – soweit wie möglich – in
die Verordnung des Schutzgebietes einzuar-
beiten und diesen Vorgang selbst zu kommuni-
zieren. Ziel dieses Vorgehens soll es sein, die
Bürgerinnen und Bürger bereits von Anfang an
und während der gesamten Verfahrensdauer
über die Ziele, den Stand des Verfahrens und die
nächsten Schritte zu informieren und die Verord-
nung nicht durchzusetzen, sondern zusammen
mit den Bürgerinnen und Bürgern zu entwickeln.
Das ist zum einen inhaltlich sinnvoll: In vielen
Fällen werden wichtige Sachverhalte erst im Zu-
sammenhang mit intensiver Öffentlichkeitsarbeit
bekannt. Zum anderen ist es für die Akzeptanz
unverzichtbar, denn die Öffentlichkeit reagiert
eher skeptisch auf fertige Pläne „vom grünen
Tisch“.
Durch gelebte und spürbare, kommunizierte Ein-
bindung kann ein Prozess in Gang kommen, der
von Verständnis und Verantwortungsbewusstsein
getragen wird und zu Zustimmung führt. Bürge-
rinnen und Bürger sollen das Vorhaben als et-
was Sinnvolles und Positives auch für sich selbst
sehen. Vor Beginn des formalen Verfahrensteils
sollten bereits alle Fragen öffentlich geklärt und
alle Interessen so weit wie möglich in das Vor-
haben integriert sein. Naturgemäß findet ein sol-
ches Vorgehen eine ganz andere Akzeptanz, als
ein Vorhaben „vom grünen Tisch“ – ganz unab-
hängig davon, wie gut die naturschutzfachlichen
Begründungen sind.
Am Anfang eines akzeptanzorientierten Schutz-
gebietsverfahrens steht die Kontaktaufnahme mit
dem Rathaus. In nicht-öffentlichen Gesprächen
werden die Idee der Unterschutzstellung, Vor-
stellungen über das Gebiet und die Größe, der
Ablauf des Verfahrens sowie – soweit vorhanden
– alternative Entwicklungsziele für die Fläche
besprochen. Erste Anregungen seitens der Ge-
meinde werden aufgenommen.
Direkt nachfolgend findet die nicht-öffentliche
Information des und das Gespräch mit dem Ge-
meinderat statt. Auch hier gilt es, Befindlichkeiten
und Alternativen wahr und ernst zu nehmen. Be-
sonders zu beachten ist, dass es kein Gemein-
derat schätzt, wenn er nicht als Erster informiert
und um seine Meinung gefragt wird. Niemand
erfährt gern „aus der Zeitung“, dass dieses oder
jenes im eigenen Zuständigkeitsbereich geplant
ist. Aus diesem Grund werden auch vorbereiten-
de Tätigkeiten für das Schutzgebietsverfahren
(Kartierungen etc.) immer erst nach Einbindung
der Kommune und begleitet durch Öffentlich-
keitsarbeit durchgeführt
Im Anschluss daran und immer noch vor Eröff-
nung des formalen Verfahrens werden andere
Akteure, z.B. Jagdpächter, Forstbeamte, Land-
wirte und Naturschutzgruppen informiert und um
ihre Meinung gebeten. Die immer personenbezo-
gene Kontaktaufnahme ermöglicht es, pauschale
und diffuse Bedenken zu entkräften und berech-
tigte Anregungen und Ideen aufzunehmen. Über
tatsächliche Zielkonflikte ist dabei offen zu reden.
Diese können so angemessen angegangen und
nach Möglichkeit entschärft, im besten Fall so-
gar aufgehoben werden. Wird dann das formale
Verfahren eingeleitet, in dem die Anhörung der
Träger öffentlicher Belange vorgesehen ist (also
unter anderem die Dachverbände der o.g. Grup-
pen), sind in den meisten Fällen alle Fragen so
weit wie möglich geklärt.
Für den Verfahrenserfolg wesentlich ist, dass die
Behörde das Verfahren nicht mit unumstößlich
feststehenden, fertig formulierten und eigentlich
nicht mehr zu ändernden Vorstellungen beginnt.
Der Verordnungsentwurf muss im Lauf des Ver-
fahrens wachsen, sich verändern und die Beiträ-
ge undWünsche der Kommune, der wesentlichen
Akteure im Gebiet und der Bürger widerspiegeln.
Es trägt ganz erheblich zur Akzeptanz bei, wenn
die Behörde im Lauf des Verfahrens dazu lernt
und die Betroffenen ihre Anregungen im Text
wiederfinden.
Selbstverständlich ist, dass die Verordnungsent-
würfe nicht einfach einem vorgegebenen Stan-
dard entsprechen, sondern ganz konkret auf
den zu regelnden Einzelfall maßgeschneidert
werden. Es werden nur dann Verbote formuliert,
wenn diese fachlich überzeugend begründet wer-
den können. Auch die Würdigungen spiegeln das
Streben nach Verständlichkeit und Akzeptanz wi-
der: Sie entsprechen nach wie vor einem hohen
fachlichen Standard, müssen jedoch klar, allge-
mein verständlich und überzeugend geschrieben
sein. Alle Einschränkungen müssen begründet
werden – je größer die Einschränkung, desto grö-
ßer die Begründungslast. Besonders wesentliche
Themen – zum Beispiel das Vorkommen beson-
ders gefährdeter Arten – werden mit Bildern und
Grafiken veranschaulicht. Eine Würdigung muß
nicht nur fachlich und rechtlich überzeugen – sie
soll Begeisterung für das Naturschutzgebiet we-
cken und dazu einladen, es zu besuchen.
Ein wichtiger Teil bei der Einbindung der Bevöl-
kerung ist die Öffentlichkeitsarbeit in Form von
öffentlichen Gebietsbegehungen (Abb. 1). Diese