
Carolinea 71
(2013): 153-159, 6 Abb.; Karlsruhe, 16.12.2013
153
Eine mykologische Bestandsaufnahme
des Bannwalds „Wilder See – Hornisgrinde“
(Nordschwarzwald, Baden-Württemberg)
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Kurzfassung
Im Rahmen eines durch das Regierungspräsidium
Karlsruhe finanzierten Kooperationsprojekts zwischen
der Arbeitsgruppe Pilze im Naturwissenschaftlichen
Verein Karlsruhe e.V., dem Staatlichen Museum für
Naturkunde Karlsruhe, demNaturschutzzentrumRuhe-
stein und der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald
wird eine Inventarisierung der Pilzarten des Bannwalds
„Wilder See“ im NSG „Wilder See – Hornisgrinde“ (Bai-
ersbronn, Nordschwarzwald) vorgenommen. Es ist
der älteste, bereits 1911 ausgewiesene Bannwald in
Baden-Württemberg; er umfasst 75 ha. Aus mykolo-
gischer Sicht sind vor allem die alten
Abies alba
-Be-
stände bedeutend. Am Beispiel dreier im Gebiet bereits
nachgewiesener und sehr seltener Pilzarten (der pa-
rasitische Rostpilz
Thekopsora goeppertiana
und die
Altholzzersetzer
Hymenochaete fuliginosa
und
Cysto-
stereum murrayi
) wird dies veranschaulicht. Das Gebiet
ist Bestandteil der Gebietskulisse für den geplanten
Nationalpark Schwarzwald. An dem zunächst auf drei
Jahre angelegten Projekt sind zahlreiche Pilzexperten
aus Baden-Württemberg und anderen Bundesländern
beteiligt. In dieser Anfangsphase werden vorzugsweise
die in den einzelnen Vegetationstypen vorkommenden
Arten erfasst und eine Referenzsammlung im Pilz-
herbarium des Staatlichen Museums für Naturkunde
Karlsruhe angelegt. Besonders berücksichtigt werden
Pilzarten, die mit Weiß-Tanne (
A. alba
) als Parasiten,
Saprobionten oder Symbionten assoziiert sind. Län-
gerfristig könnte das Gebiet als Referenzfläche für
mykologische Studien im Bereich der Taxonomie, „Ver-
steckten Diversität“ und Populationsgenetik unter Ein-
satz moderner Techniken genutzt werden.
Abstract
A mycological inventory of the Bannwald „Wilder
See – Hornisgrinde“ (Northern Black Forest, Baden-
Württemberg)
In a cooperative project funded by Regierungspräsidi-
um Karlsruhe between the Mycology group of Naturwis-
senschaftlicher Verein Karlsruhe e.V., State Museum
of Natural History Karlsruhe (SMNK), Naturschutz-
zentrum Ruhestein and Ernst Moritz Arndt University
Greifswald a fungus species inventory is carried out in
the Bannwald (closed protected forest)
“Wilder See” in
the Nature Reserve “Wilder See – Hornisgrinde” (Bai-
ersbronn, Northern Black Forest). It is the oldest terri-
tory designated as “Bannwald” in Baden-Württemberg
measuring 75 hectares. The oldgrowth fir (
Abies alba
)
stands are important for fungi. This is shown by three
rare species which were already found in the territory
(the parasitic rust
Thekopsora goeppertiana
and two
wood decaying species,
Hymenochaete fuliginosa
and
Cystostereum murrayi
). This forest is part of a territory
that is proposed to become a part of a future Black For-
est National Park. The first cycle of the inventory lasts
for three years. Numerous mycologists with expertise
in specific fungus groups from Baden-Württemberg
and other federal states of Germany participate in the
project. Fungus species and the associated vegetation
types are documented and voucher specimens will be
deposited in the fungus herbarium of the State Muse-
um of Natural History, Karlsruhe. Emphasis will be put
on species associated with fir as parasites, saprobes
or symbionts. In the medium term the territory can be
developed into a reference area for mycological investi-
gations focusing on taxonomy, population genetics and
hidden diversity of various fungal groups using modern
techniques.
1 Einleitung
Das NSG „Wilder See – Hornisgrinde“ liegt im
nördlichen Schwarzwald nordöstlich des Ruhe-
steins im Gemeindegebiet von Baiersbronn und
auch im Areal der Gebietskulisse für den ge-
planten Nationalpark Schwarzwald (
F
örschler
et
al. 2012
)
. Es erstreckt sich über eine Höhenlage
von 780 bis 1050 m. Der See liegt in 910 m Höhe,
östlich des Nordschwarzwälder Hauptkammes in
einem bis 120 m eingetieften würmeiszeitlichen
Kar mit mehreren Moränenwällen. Der Wilde
See, ein nahezu runder Karsee (Abb. 1), hat eine
Fläche von 2,4 ha, ist 11,5 m tief und umgeben
von Hochplateaus. Dieses Rückzugsgebiet sel-
tener Tier- und Pflanzenarten steht seit 1939 un-
ter Naturschutz. Ein Areal von ca. 75 ha rund um
den Wildsee wurde bereits 1911 als Bannwald
ausgewiesen und ist damit das älteste Natur-