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Carolinea 71

(2013)

gen Daten zu den Verbreitungsgebieten und der

Epidemiologie bisher nur lückenhaft vor. Lediglich

für FSME-Infektionen gibt es eine deutschland-

weite Meldepflicht, was zu verlässlichen, flächen-

deckenden Daten innerhalb Baden-Württem-

bergs führte. Die anderen zeckenübertragenen

Krankheiten unterliegen nicht der Meldepflicht

und wurden daher nur punktuell in Baden-Württ-

emberg nachgewiesen. Eine Zuordnung zu be-

stimmten Klimabereichen, Landnutzungstypen

oder tierischen Lebensgemeinschaften lässt sich

bisher nicht vornehmen. Selbst für die verschie-

denen

Borrelia-

Arten mit ihren unterschiedlichen

Krankheitsverläufen beim Menschen zeichnet

sich noch kein Bild ab. Hier besteht noch großer

Forschungsbedarf.

3.7.2 Haustierbesitzer (Hunde, Tauben)

Die braune Hundezecke

Rhipicephalus san-

guineus

(Abb. 11) kommt in Mitteleuropa nur

auf Haushunden vor, da das hiesige Klima

keinen kompletten Entwicklungszyklus in der

Natur erlaubt (

W

alker

et al. 2000,

P

etney

et

al. 2012). Die mediterrane Art wird ab und zu

in Hundehütten, Zwingern und menschlichen

Unterkünften, in denen sich Hunde aufhalten,

gefunden. Diese Zecken wurden wahrschein-

lich von Urlaubern auf ihren Hunden aus wär-

meren Gebieten mitgebracht (

G

laser

&

G

othe

1998,

G

othe

&

H

amel

1973a, b). Allerdings gibt

es auch Berichte über Hunde, die Mitteleuropa

nie verlassen haben und nach Besuchen in infi-

zierten Häusern ebenfalls infiziert wurden (

G

o

-

the

1968). Normalerweise befällt diese Zecke

den Menschen nicht, da sie Hunde als Wirte

bevorzugt; jedoch gibt es Berichte über den

starken Befall eines Hundes, wodurch es auch

zu menschlichen Infektionen kam. Auf diesem

Wege wurde das nach einem Urlaub in Südeu-

ropa durch einen Haushund in die Schweiz

eingeschleppte Mittelmeerfleckfieber auf vier

Mitglieder der betreffenden Familie übertragen

(

P

eter

et al. 1984).

Tauben, Taubenschläge und Brutkolonien von

Stadttauben sind häufig mit der Lederzecke

Ar-

gas reflexus

infiziert. Diese Art ist wirtsspezifisch

und befällt nur selten Menschen, es sei denn, die

Tauben wurden von Taubenschlägen oder Ge-

bäuden entfernt. Aufgrund des Fehlens des na-

türlichen Wirts werden dann auch Menschen ge-

stochen. Solche Stiche können zu allergischen

Reaktionen bis hin zum anaphylaktischen

Schock führen (

D

autel

et al. 1999,

H

ilger

et al.

2005,

K

leine

-T

ebbe

et al. 2006). Es gibt allerdings

keine Hinweise darauf, dass

Argas reflexus

Pa-

thogene auf den Menschen überträgt.

3.7.3 Weitere Gefährdungen

Durch die menschliche Reiseaktivität könnten

bald auch andere Zeckenarten, die wie

Rhipice-

phalus turanicus

weniger wirtsspezifisch sind,

eingeführt werden und als Vektor für humanpa-

thogene Erreger dienen.

E

strada

-P

eña

&

V

enzal

(2007, siehe auch

E

strada

-P

eña

2008) vermuten,

dass Arten wie

Rhipicephalus bursa

und

Hyalom-

ma marginatum

sich von ihren bisher vorwiegend

mediterranen Verbreitungsgebieten in Richtung

Mitteleuropa ausbreiten werden (

P

etney

et al.

2012). Letztere Art ist Vektor einer Vielzahl von

Pathogenen von Tieren (

Anaplasma marginale

,

Babesia bigemina

,

Babesia bovis

von Rindern,

Babesia caballi

und

Babesia equi

von Pferden,

Anaplasma ovis

,

Babesia motasi

,

Babesia ovis

Abbildung 11. Männchen der Braunen Hundezecke

Rhipicephalus sanguineus

. – Foto: J.

G

athanay

& W.

N

icholson

.