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P

etney

at al.: Zecken und zeckenübertragene Krankheiten in Baden-Württemberg

63

3.1.1 Übertragungsdynamiken

Alle Krankheiten, die hier besprochen werden,

haben einen

indirekten

Wirt-Zecken-Entwick-

lungszyklus, d.h., eine

direkte Übertragung

von

Wirt zu Wirt ist nicht möglich. All diese Krank-

heiten sind außerdem

Zoonosen

. Das bedeutet,

dass sie natürlicherweise in Tierpopulationen

vorkommen und der Mensch nicht ihren Haupt-

wirt darstellt.

Coxiella burnetii

wird vom Menschen gewöhnlich

beim Schlachten oder Scheren von Schafen als

Tröpfcheninfektion eingeatmet, obwohl der

syl-

vatische Zyklus

über Zecken als Vektoren läuft

(

M

aurin

&

R

aoult

1999).

Borrelia

-Arten sowie

Rickettsien und FSME-Viren werden über die

saugende Zecke durch den Speichel, der in den

Wirt injiziert wird, auf ihn übertragen (

N

uttall

et

al. 2000). Der Speichel beinhaltet verschiedene

Substanzen, die z.B. eine immunosuppressive

(Immunsystem hemmende) bzw. immunomo­

dulierende (Immunsystem beeinflussende) Wir-

kung haben (

W

ikel

1999). Sind die Wirtsart und

das Wirtsindividuum für das Pathogen empfäng-

lich, vermehrt sich dieses in ihm und kann von

einer anderen Zecke während ihrer Blutmahl-

zeit wieder aufgenommen werden (

L

abuda

et al.

1997,

N

uttall

et al. 2000). Selten, z.B. bei FSME

und

Borrelia burgdorferi

s.l., geben infizierte

weibliche Zecken die Infektion direkt an ihre Eier

weiter und damit an die Larven, die aus ihnen

schlüpfen (

K

urtenbach

et al. 1995,

L

indquist

&

V

apalahti

2008). Sobald eine Zecke infiziert ist,

trägt sie diese Infektion bei allen hier behandel-

ten Erregern auch in ihrem nächsten Entwick-

lungsstadium.

Doppelinfektionen von Zecken mit zwei oder

mehreren verschiedenen Erregern sind mög-

lich.

Ixodes ricinus

z.B. kann mit einer

Borrelia

sp. und FSME oder

Anaplasma phagocytophilum

Abbildung 5. Das von

O

stfeld

et al. verwendete Modell zur Beziehung verschiedener Einflüsse in einem Eichenwald

im Nordosten der USA. Ein Mastjahr führt zu einer erhöhten Anzahl von Zecken, was wiederum 1,75 Jahre später

das Risiko des Menschen, mit Borrelien infiziert zu werden, erhöht (aus

O

stfeld

et al. 1996).